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Digitale Heftführung in der Förderschule

Im Rahmen der 1:1-Ausstattung bietet sich neben einer analogen auch eine digitale Heftführung an. Doch wie kann ein solches Heft an einem Förderzentrum aussehen und welche Aspekte sind bei der Einführung speziell an Förderschulen zu berücksichtigen? Das soll im folgenden Artikel konkret an den drei Unterrichtsprinzipien Differenzierung, Rhythmisierung und Strukturierung näher erläutert und durch Praxisbeispiele verdeutlicht werden.

Digitale Hefte als gewinnbringende Erweiterung nutzen

Eine grundlegende Entscheidung, die getroffen werden sollte, betrifft die Wahl zwischen einer weiterhin rein analogen Heftführung und der Einführung eines digitalen Hefts als sinnvolle Ergänzung. Diese Frage ist jedoch nicht mit so einfach zu beantworten, denn es bedarf einiger Vorüberlegungen und vor allem einer Anleitung der Lernenden zum Erstellen digitaler Einträge auf dem Tablet. Der reine Ersatz des analogen Heftes greift jedoch zu kurz. Eine digitale Unterrichtsdokumentation in Kombination mit der Verwendung einer Lernplattform (Dateienablage) kann neue, ungeahnte Möglichkeiten des Lernens eröffnen und damit eine gewinnbringende Weiterentwicklung des analogen Hefts darstellen. Die Potenziale einer lernwirksamen Nutzung eröffnen sich aber nur dann, wenn man sich bereits im Vorfeld mit möglichen Herausforderungen auseinandergesetzt und diese bei der Einführung und Entwicklung einer digitalen Heftführung berücksichtigt hat.

Bei der Umsetzung der Heftführung im 1:1-Setting ergeben sich verschiedene Varianten. Nach pädagogischen, didaktischen, methodischen und fachspezifischen Gesichtspunkten können sich unterschiedliche Anforderungen an die Unterrichtsdokumentation ergeben, die die Entscheidung zwischen digitalem und analogem Heft beeinflussen:

Die digitale Heftführung wird für die Lernenden in allen Fächern fest vorgegeben. Alle Klassenstufen setzen eine einheitliche Notizen-App ein und nutzen die gleiche Struktur zum Anlegen der Hefte und zur Dateiablage.

Als Ergänzung zu den analogen Heften wird das digitale Heft zum Beispiel nur für die Lernzeit bzw. als Übungsheft eingesetzte. Hefteinträge schreiben die Schülerinnen und Schüler weiterhin in ihre analogen Hefte.

Man verzichtet bewusst auf eine digitale Dokumentation der Unterrichtsinhalte. Zwar kann im Rahmen einzelner Unterrichtsprojekte eine Notizen-App genutzt werden, aber grundsätzlich dient die Anwendung in dieser Umsetzungsvariante als Ergänzung, beispielsweise für Übungsphasen.

Einblicke in die Praxis

Der Weg zu individuellen, digitalen Heften

  • „Manchmal kann ich einfach nicht mit dem digitalen Stift schreiben. Das macht mich dann nur noch nervöser. Da brauche ich dann einfach einen richtigen Stift in der Hand und ein normales Heft.“

     Schüler mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung

  • „Mir hilft ein digitales Heft total. Ich kann mir die Aufgaben anhören oder auch selbst etwas aufnehmen. Vor allem dann, wenn ich das Halten von einem Stift zu anstrengend finde. An manchen Tagen flackert der Bildschirm von einem Tablet für mich aber zu viel. Da brauche ich dann schon mein Heft.“

    Schülerin mit dem Förderschwerpunkt motorische und körperliche Entwicklung

  • „Ich habe jetzt immer alle meine Sachen auf dem Tablet dabei und muss sie nicht mehr suchen. In der Bürozeit am Freitagmorgen räumen wir aber auch immer unsere digitalen Hefte auf und schauen, ob alle Aufgaben und Blätter im richtigen Heft sind. Es fällt mir immer leichter, alles im richtigen Heft abzulegen und meine Sachen zu finden.“

    Schülerin mit dem Förderschwerpunkt Lernen

  • „Wir arbeiten von Anfang an in den Klassen mit einer 1:1-Ausstattung in allen Fächern mit einem digitalen Heft. Nach einer intensiven Einarbeitung bis zu den Herbstferien kommen alle Lehrkräfte und Lernende in den Klassen gut damit zurecht. Es vergehen aber auch Unterrichtsstunden, in denen das Tablet auf seinem Platz liegt und analog gearbeitet wird, zum Beispiel in Geometrie.“

    Lehrkraft an einem Förderzentrum

  • „Zu Beginn des Schuljahres habe ich ein digitales Heft in meiner Klasse abgelehnt. In den letzten Monaten habe ich jedoch bemerkt, dass ich den Begriff ´digitales Heft` viel zu eng gedacht habe. Die Kombination von analogen Hefteinträgen mit einem digitalen Heft bzw. Ordner bringt für die Lernenden einen unheimlichen Zugewinn und ich möchte es nicht mehr missen.“

    Lehrkraft an einem Förderzentrum

Eine gezielte innere Differenzierung ermöglicht es, die Lernenden individuell zu fördern und zu fordern. Digitale Hefte bieten die Möglichkeit, nach den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen zu differenzieren. Dazu zählen unter anderem Lerntempo, körperliche Einschränkungen, Sinneseinschränkungen, Lern- und Anstrengungsbereitschaft, Vorwissen oder auch ethnisch-kulturelle Voraussetzungen, wie beispielsweise die Sprache.

Die folgenden Anregungen verdeutlichen, wie diese Förderung aussehen kann und wie dabei die unterschiedlichen Förderschwerpunkte berücksichtigt werden können.

  • Lernen

    Analoge und digitale Heftführung greifen ineinander und ergänzen sich.


    (z. B. Hefteinträge zusätzlich fotografieren und auf dem Tablet speichern, um alle Unterlagen an einem Ort zu haben)

  • Sprache (DaZ)

    Individuelles Arbeitsheft mit Verlinkungen zu einem Online-Übersetzer


  • Lernen

    Reduzierter Hefteintrag (Lückentext) in Silbenschrift und Audio als Hilfestellung

  • Geistige Entwicklung

    Individuelles Arbeitsheft in BLO-Praxis zur besseren Orientierung in der Küche

  • Körperliche und motorische Entwicklung

    Zur Erleichterung für das Halten des Stiftes (auch unabhängig vom Förderschwerpunkt eine praktische Hilfestellung!)

  • Emotionale und soziale Entwicklung 

    Ideen aus der Praxis, für den Fall, dass digitales Arbeiten manchmal einfach nicht möglich ist oder es diverser Unterstützung bedarf

  • Raum-Lage-Orientierung

    Angebot von Orientierungspunkten auf dem Tablet oder im digitalen Heft

Rhythmisierung durch digitale Heftführung

Das Prinzip der Rhythmisierung wird von Lehrenden in Form von wiederkehrenden Elementen und Ereignissen bewusst genutzt, um den Schulalltag zu strukturieren und Orientierungspunkte zu setzen. Diese wiederkehrenden und gleichbleibenden Handlungen können zu Ritualen werden. Eine Ritualisierung von Lernsituationen und Lernmaterialien im Zusammenhang mit dem digitalen Heft kann Lernende am Förderzentrum dabei unterstützen, das Ziel, den Umfang und den Ablauf einer Aufgabe besser verstehen zu können.

  • Einübung („Ankern“):

    Symbole und Visualisierungen, die von den Beteiligten sofort verstanden werden, wirken auf das Verhalten signalhaft. Durch die regelmäßige Abfolge und Visualisierung der Handlungsschritte wird den Lernenden beim Ausführen der Lernhandlung geholfen („Macht der Gewohnheit“). Ablaufpläne bieten Informationen darüber, was zu tun ist. Instruktionspläne zeigen den Lernenden, wie etwas getan werden soll. Symbole und Rituale haben eine entlastende Funktion, weil sie, wenn sie erst einmal bekannt sind, nicht jedes Mal neu eingeführt werden müssen.

  • Asynchrone Feedbackschleifen:

    Rückmeldungen und Fragestellungen können über die Unterrichtsstunden hinaus mit einem digitalen Heft den Lernerfolg steigern. Eine Möglichkeit stellt das verbale Feedback anhand von QR-Codes dar. Die Lernenden scannen den QR-Code und erhalten ein verbales Feedback ihrer Lehrkraft.

  • Ganzheitlichkeit:

    Arbeitsergebnisse werden nicht nur über die Schriftsprache festgehalten, sondern erleichtern mit Hilfe von individuellen Erklärvideos, QR-Codes und Fotos das Verständnis und helfen zusätzlich beim ortunabhängigem Lernen. Das digitale Heft kann um einen digitalen Ordner erweitert werden, in dem vielfältige Materialien abgespeichert werden.

  • Konzentrationsförderung:

    Eingeübte Abläufe fördern die Konzentration und können zu einer Entspannung in einem hektischen Schulalltag beitragen. Das digitale Endgerät kann als Motivator wirken. Zudem kann das Musikhören in der Lernzeit (Hausaufgabenzeit bzw. Wochenplanarbeit) zur Unterstützung bzw. Steigerung der Konzentration erlaubt werden.

    Wertvoll und entschleunigend können auf der anderen Seite auch angeleitete Entspannungsangebote (digital off), die Einrichtung eines Sorgen-Killer-Raums oder analoge Arbeitsphasen wirken. Manchmal muss hier auch innerhalb der Lerngruppe differenziert werden.

Strukturen bieten Orientierung und Sicherheit

Strukturierung für Lernende

  • Unterstützung

    Wenn es keine einheitlichen Vorgaben von der Schule gibt, ist es sinnvoll seine Erwartungen an die Lernenden bezüglich des Workflows sowohl den Lernenden, als auch den Erziehungsberechtigen mitzuteilen und zum Beispiel in Form von entsprechenden Hausaufgaben zu üben. Ein Schulungskonzept erleichtert den Einstieg, dennoch muss Nutzung angeleitet werden. Insbesondere, wenn jede Lehrkraft eine eigene Struktur nutzt.

    Tipps zum Einstieg in die neue Arbeitsweise:

    • Dateien bei der Bereitstellung benennen

    • Im Arbeitsauftrag Workflow mit aufnehmen

    • Zeit einplanen

    • Ablage kontrollieren

  • Anwendung in Arbeitsaufträge integrieren

    Um sich auch in einem digitalen Heft leichter orientieren zu können, sollten die Symbole für die jeweiligen Hefte zu denjenigen, die in Tafelbildern oder bei Arbeitsaufträgen Verwendung finden, identisch sein. Sofern sich die Hefte farblich gestalten lassen, ist es hilfreich, die gleichen Farben zu verwenden, wie bei den analogen Heften.

  • Einübung („Ankern“):

    Symbole und Visualisierungen, die von den Beteiligten sofort verstanden werden, wirken auf das Verhalten signalhaft. Durch die regelmäßige Abfolge und Visualisierung der Handlungsschritte wird den Lernenden beim Ausführen der Lernhandlung geholfen („Macht der Gewohnheit“). Ablaufpläne bieten Informationen darüber, was zu tun ist. Instruktionspläne zeigen den Lernenden, wie etwas getan werden soll. Symbole und Rituale haben eine entlastende Funktion, weil sie, wenn sie erst einmal bekannt sind, nicht jedes Mal neu eingeführt werden müssen.

Strukturierung für Lehrende

Es erleichtert den Einstieg sehr, wenn sich Lehrende vorab über die Ordnerstruktur, die Aufmachung der digitalen Hefte und über den zeitlichen Rahmen der Einführung grundlegende Gedanken machen. Die angefügte Timeline dient als Anregung und kann gerade zu Beginn eine Strukturierungshilfe darstellen.

Schaffung von Rahmenbedingungen

Auch wenn einige Lernende von Anfang an recht geschickt im Umgang mit digitalen Heften sind und die Umstellung vom analogen zum digitalen Heft scheinbar mühelos bewältigen, ist eine konsequente Begleitung, Anweisung und Anleitung der Schülerinnen und Schüler von Beginn an notwendig. Es ist zielführend, dass sich Lehrkräfte, auch in Absprache mit den Fachschaften oder dem gesamten Kollegium, vorab Gedanken machen, welche verbindlichen Strukturen, Vorgaben zur Nutzung und Möglichkeiten der Begleitung benötigt werden, damit eine lernförderliche Heftführung im 1:1-Setting gelingen kann. In diesem Zusammenhang ist außerdem ein Schulungskonzept wichtig.

  • Gemeinsam mit den Lernenden sollte eine verbindliche Grobstruktur für alle Fächer angelegt werden, die den Schülerinnen und Schülern eine Gesamtübersicht über die Jahrgangsstufen und Fächer bietet. Auch auf Ebene der Fächer ist eine Strukturierung nötig. Dabei können sich je nach Fach verschiedene Unterstrukturen ergeben. Bei der Entwicklung struktureller Vorgaben muss berücksichtigt werden, ob ein einheitliches oder offenes Konzept gewählt wurde oder ob eine Notizen-App nur zur Unterstützung des Unterrichts genutzt wird.

  • Um die Vorgaben hinsichtlich der Struktur und Nutzung digitaler Hefte zu vermitteln, empfiehlt sich ein Schulungskonzept für die Lernenden.

    Die Schülerinnen und Schüler erhalten dabei Unterstützung bei der Einrichtung des digitalen Hefts und lernen die Möglichkeiten der digitalen Heftführung kennen. Dabei sind je nach Jahrgangsstufe die unterschiedlich stark ausgeprägten Niveaus der Medienkompetenz zu berücksichtigen.

Zur Verbesserung der digitalen Heftführung ist eine kontinuierliche und altersgemäße Begleitung der Lernenden durch die Lehrkraft notwendig. Die Intensität der Begleitung sollte sich am Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler orientieren.

Für die Nutzung des digitalen Hefts sollten auch, orientiert an der gewählten Umsetzungsvariante, klare Vorgaben erarbeitet und an die Lernenden sowie Erziehungsberechtigten kommuniziert werden. Diese sollten angepasst werden an pädagogische, didaktische und fachspezifische Bedürfnisse.

Kontroverse Themen der digitalen Heftführung

Damit das digitale Heft lernwirksam genutzt werden kann und sich sein Potenzial voll entfalten kann, müssen sich Lehrkräfte auch mit möglichen Stolpersteinen beschäftigen, die sich im Zuge der digitalen Heftführung ergeben können

  • „Wenn die Schülerinnen und Schüler die Unterrichtsinhalte nicht selbst abschreiben und stattdessen alles abfotografieren und kopieren, lernen sie am Ende nichts!“

     Auch bei der digitalen Heftführung ist es wichtig, die aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten des Unterrichts zu fördern. Einerseits ist das schlichte Abfotografieren von Tafelbildern, das Kopieren von Notizen oder die zu starke Vorstrukturierung wenig lernwirksam. Andererseits bedeutet das nicht, dass das Abfotografieren oder Bereitstellen von Tafelbildern automatisch dazu führt, dass sich die Schülerinnen und Schüler Unterrichtsinhalte schlechter aneignen.  Die Lehrkraft sollte sich bei der Planung des Unterrichts und der Gestaltung der Materialien immer überlegen, wie eine verständnisfördernde Auseinandersetzung und Reflexion mit Unterrichtsmaterialien und -inhalten gelingen kann. Durch das Bilden von Analogien zu bereits bekannten Zusammenhängen, Verknüpfungen mit Alltagsbeispielen oder mit verwandten Inhalten, Fragen stellen oder das Zusammenfassen des neu Gelernten mittels Skizzen oder eigenen Worten wird der Lernstoff mit bereits bestehenden Wissensstrukturen verbunden.

  • „Wenn die Schülerinnen und Schüler Zirkel oder Geodreieck zugunsten des Tablets beiseitelegen, verlernen sie grundlegende instrumentelle Fertigkeiten!“

    Die technische Ausstattung im 1:1-Setting eröffnet den Schülerinnen und Schülern eine Vielzahl an Möglichkeiten, ihre Unterrichtsdokumentation ansprechend zu gestalten. Dabei sollte aber die Schulung grundlegender instrumenteller Fertigkeiten wie das Zeichnen, Messen oder Konstruieren nicht vergessen werden. Das digitale Heft kann hier als Ergänzung und nicht als vollständiger Ersatz der analogen Unterrichtdokumentation eingesetzt werden. So können beispielsweise geometrische Zeichnungen oder Prozesse mit klassischen Hilfsmitteln angefertigt und dann als Foto in das digitale Heft mit eingepflegt werden.

  • „Wenn jeder Text nur noch mit der Tastatur getippt wird, verlernen die Schülerinnen und Schüler das Schreiben mit der Hand und verarbeiten Informationen schlechter!“

    Entscheidet man sich für die digitale Unterrichtsdokumentation, rückt die Frage nach dem Nutzen der Handschrift im Vergleich zum Tastaturschreiben automatisch in den Vordergrund. Auf der einen Seite sollte das Schreiben mit der Hand nicht nur aus pragmatischen Gründen, sondern als Kulturtechnik oder ökonomisches Werkzeug in der Schule vermittelt werden. Außerdem spielt das Handschreiben bei der Entwicklung kognitiver Fertigkeiten eine wichtige Rolle. Auf der anderen Seite können insbesondere die Lernenden, die Schwächen beim Handschreiben aufweisen, von der Nutzung einer Tastatur profitieren, vor allem, wenn sie längere Texte verfassen müssen. Die Wahl zwischen Hand- und Tastaturschreiben im digitalen Klassenzimmer ist letztlich keine Entweder-oder-Frage. Vielmehr sollten Lehrkräfte situationsabhängig entscheiden, welche Technik für die Lernenden und das Lernziel am gewinnbringendsten ist. Es ist dabei sinnvoll, den Schülerinnen und Schülern bewusst zu machen, welche Vor- und Nachteile die jeweilige Art der Mitschrift für das konkrete Beispiel hat. Diese Art der Reflexion auf der Metaebene hilft beim Aufbau von Medienkompetenz.

  • „Wenn alle Materialen im digitalen Heft gespeichert werden, entsteht eine Unordnung, die den Schülerinnen und Schülern das Lernen erschwert!“

    Die digitale Heftführung macht es möglich, den Schülerinnen und Schülern eine Vielzahl an Materialien zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus können die Lernenden ihre Unterrichtsdokumentation mit zusätzlichen Inhalten ergänzen. Auf diese Weise kann das digitale Heft jedoch schnell mit Unterlagen überfrachtet und unübersichtlich werden. Es ist daher wichtig, dass die Lehrkraft bei der Nutzung des digitalen Hefts auf eine klare Strukturierung achtet und den (individuellen) Nutzen der bereitgestellten Unterlagen und verwendeten Apps für die Schülerinnen und Schüler stets kritisch hinterfragt. Die Lehrkraft ist außerdem dafür verantwortlich, die Lernenden beim Anlegen von Strukturen altersgemäß anzuleiten und zu begleiten.

  • „Wenn parallel zur Lernplattform ein digitales Heft geführt wird, verlieren sowohl Lehrkräfte als auch Lernende die Übersicht!“

    Wird bei der digitalen Heftführung parallel mit einer Lernplattform gearbeitet, ist es wichtig, dass die Lehrkraft für ihren Bereich eine geeignete Struktur findet, die ein effizientes Zusammenspiel ermöglicht. In der ersten Unterrichtsstunde sollte mindestens geklärt sein, wo und in welcher Form (z. B. als PDF) Dateien abgegeben und bereitgestellt werden. Eine einheitliche Nomenklatur für Dateien (z. B. HA29.01Musterschülerin) kann hilfreich sein. Es empfiehlt sich, den Prozess der Dateiabgabe und Einbindung ins Heft in der ersten Unterrichtseinheit gemeinsam zu üben.

  • „Wenn der Unterricht digital dokumentiert wird, besteht die Gefahr, dass Inhalte für die Schülerinnen und Schüler verloren gehen oder die Speicherkapazitäten nicht ausreichen!“

    Anders als beim analogen Heft, das am Ende des Schuljahres im Schrank verstaut und aufgehoben werden kann, muss man für das digitale Heft Archivierungsstrategien und Löschroutinen entwickeln und diese den Schülerinnen und Schülern vermitteln. Ein regelmäßiges Backup der Hefte (Gesamtexport aller Mitschriften, idealerweise einmal pro Woche) sollte Standard sein. Ergänzend dazu empfiehlt sich eine Absprache im Klassenteam der Lehrkräfte. Zum Schuljahresende hin sollte ein Gesamtexport inklusive sinnvoller Archivierung erfolgen.

  • „Wenn Unterrichtsinhalte digital festgehalten werden, können Hefte nicht mehr so gut kontrolliert werden!“

    Mit dem digitalen Heft ist das Einsammeln von Heften zur Kontrolle durch die Lehrkraft in seiner klassischen Form nicht mehr möglich. Gleichzeitig eröffnen sich dadurch aber neue und effiziente Möglichkeiten, wie man die Produkte der Lernenden einsehen, verbessern und kommentieren kann. Dabei sollte man sich zunächst grundsätzlich die Frage stellen, welchen Zweck die Kontrolle der Hefte haben soll und ob es überhaupt immer nötig ist, Hefte in ihrer Gänze einzusehen. Daran anknüpfend muss man sich dann überlegen, wie sich die Durchsicht, abhängig von den Möglichkeiten der genutzten Notizen-App, organisieren lässt. Wenn die Lehrkraft nicht ohnehin schon den direkten Zugriff auf die digitalen Hefte der Lernenden hat, wäre beispielsweise denkbar, dass die Schülerinnen und Schüler einzelne Inhalte exportieren oder Screenshots anfertigen, die sie dann auf eine Lernplattform laden oder der Lehrkraft zuschicken.

  • „Wenn die Unterrichtsdokumentation vom klassischen Heft-Format abweicht, müssen die Lernenden umständlich zoomen!“

    Das digitale Heft macht es den Lehrkräften und Lernenden je nach genutzter Notizen-App möglich, sich bei der Unterrichtsdokumentation entweder ganz vom klassischen DIN A4-Format zu lösen oder vorgegebene Seiten stark zu vergrößern, sodass mehr Inhalte dokumentiert werden können. Dadurch entsteht aber die Gefahr, dass der Überblick verloren geht und die Schülerinnen und Schüler die wesentlichen Informationen nicht mehr auf einen Blick erkennen können. Bei der Erstellung der Hefteinträge sollte die Lehrkraft also immer das Endprodukt bedenken und den Fokus der Lernenden darauf lenken. Die Mitschriften sollten so gestaltet werden, dass extremes Zoomen vermieden wird und die Schülerinnen und Schüler bei der Gestaltung altersgerecht angeleitet werden. Je nach Umfang und Komplexität des Unterrichtsgegenstandes kann es beispielsweise auch sinnvoll sein, auf eine digitale Dokumentation zu verzichten und die Inhalte stattdessen analog festzuhalten.

  • „Wenn im 1:1-Setting auch noch das Heft nicht mehr analog geführt wird, müssen die Schülerinnen und Schüler zu viele digitale Medien parallel benutzen!“

    Das digitale Klassenzimmer macht es möglich, dass die Schülerinnen und Schüler ihr Tablet vielseitig einsetzen und damit eine Vielzahl an Unterrichtsmaterialien ersetzen können. Wird das Tablet aber beispielweise gleichzeitig als Buch, Heft und Audioquelle genutzt, kann das die Lernenden schnell überfordern. Die Lehrkraft muss deshalb bei der Konzeption des Unterrichts darauf achten, dass die Schülerinnen und Schüler nicht mit zu vielen aktiven Fenstern arbeiten müssen. So können die Lernenden bestimmte Aufgaben etwa in Partner- oder Gruppenarbeit gemeinsam bearbeiten und dabei ein Gerät als Buch nutzen und mit einem anderen ihre Ergebnisse dokumentieren. Im Anschluss können die Mitschriften geteilt werden.

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