Digitale Chancen FÜR ALLE
„In der digitalen Welt ist die Fähigkeit zur kreativen Gestaltung medialer Inhalte Voraussetzung für den vollständigen Ausdruck der eigenen Persönlichkeit.”
(Prof. Dr. Gesche Joost in ihrer Keynote zum DIVSI-Bucerius Forum in Hamburg, in: Bundeszentrale für Politische Bildung, 2017)
Erfahren Sie, wie digitale Chancen optimal zur Kommunikation, Kollaboration und Interaktion genutzt werden können.

Begriff Diklusion
Der Begriff Diklusion ist eine Wortschöpfung von Dr. Lea Schulz. Dr. Schulz ist an der Europa-Universität Flensburg zur Lehr-und Lernforschung im Bereich Diklusion tätig und verantwortlich für den Bereich Sprache und Lernen unter erschwerten Bedingungen. Der Begriff umschreibt die Zusammenführung der Themen digitale Medien und Inklusion. Dr. Schulz betont in Lütje-Klose et al. (2018), „dass digitale Medien und Inklusion in der Umsetzung innerhalb der Schule zwingend gemeinsam gedacht werden [müssen] und die Chancen [...] eine Möglichkeit bieten, die inklusive Schullandschaft im positiven Sinne für alle Beteiligten zu gestalten.”
Lea Schulz orientiert sich hier am weiten Inklusionsbegriff der deutschen UNESCO-Kommission:
„Inklusion im Bildungsbereich bedeutet, dass allen Menschen die gleichen Möglichkeiten offen stehen, an qualitativ hochwertiger Bildung teilzuhaben und ihre Potenziale zu entwickeln, unabhängig von besonderen Lernbedürfnissen, Geschlecht, sozialen und ökonomischen Voraussetzungen.”
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Chancengleichheit und Teilhabe an Bildung in einer digitalen Gesellschaft!
„Diklusion fasst den wissenschaftlichen wie politischen Diskurs zu Gleichberechtigung und Teilhabe sowie Vielfalt im Kontexte digitaler Medien unter einem Begriff zusammen“ (Schulz&Traugott, 2021) und hat zum Ziel, die Chancengleichheit und die Teilhabe an Bildung und an einer digitalen Gesellschaft für Schülerinnen und Schüler aller Schularten zu verbessern.
Digitale Bildung vermittelt Kompetenzen zur proaktiven und souveränen Lebensgestaltung von Individuen im Umgang mit Medien, Informationen und Phänomenen in der medialen, technischen und vernetzten Welt.
Digitale Medien können damit Ausgangspunkt und Bestandteil von Empowerment-Prozessen sein. Dies kann sowohl auf individueller Ebene, die sich auf die Entdeckung, Entfaltung und Nutzung der eigenen Stärken bezieht, als auch auf sozialer oder politischer Ebene geschehen. Medienkompetenz bzw. digitale Bildung dient dabei als Schlüssel für gesellschaftlicher Teilhabe.
Potenziale digitaler Medien
Mit digitalen Medien Barrieren überwinden, das Lernerlebnis verbessern und einen größeren Lernerfolg erreichen! Sich miteinander vernetzen, von verschiedenen Orten zusammenarbeiten und gegenseitig Feedback geben, mit der VR-Brille das Antike Rom erkunden oder das das Erleben von Alltagssituationen in einem geschützten Raum - das ist zeitgemäßes Lernen mit digitalen Medien. Diese Potenziale lassen sich gut in einem inklusiven Unterricht nutzen.
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Mit digitalen Medien Barrieren überwinden, das Lernerlebnis verbessern und einen größeren Lernerfolg erreichen! © AdobeStock/Visual Generation Neue Chancen der Individualisierung und Selbststeuerung!
Digitale Medien eröffnen neue Chancen durch an die Bedürfnisse der Lernenden individuell angepasst-differenzierte Materialien. Sie können Zugangsschwierigkeiten ausgleichen und ermöglichen ortsunabhängige, synchrone und asynchrone Kommunikation und Kollaboration.
Digitale Medien verändern also das Lehr- und Lernmaterial, den Lernprozess und die Begleitung der Lernenden. Die Frage dabei ist aber immer:
Wie können Lernprozesse so gestaltet werden, dass jede und jeder Beteiligte profitiert?
Entscheidend für den Lernerfolg ist es, nicht nur passive Lernaktivitäten einzusetzen bei denen die Lernenden überwiegend als Rezipientinnen und Rezipienten fungieren. Der Wissens- und Kompetenzerwerb erhöht sich deutlich, wenn sich die Lernenden auch konstruktiv mit Inhalten auseinandersetzen und diese bestenfalls auch noch interaktiv und kooperativ bearbeiten. Im Mittelpunkt steht demnach nicht nur das selbsterarbeitete Wissen und Können, sondern der Austausch, das Feedback, die Reflexion mit und durch andere.
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Chi und Wylie ordnen die schülerseitig beobachtbaren Lernaktivitäten auf einer 4-stufigen Skala von am wenigsten effektiv bis am effektivsten ein, d. h. das (evidenzbasierte) ICAP-Modell unterteilt die sichtbaren Lernaktivitäten, die mit spezifischen kognitiven Lern- und Problemlöseprozessen zusammenhängen, in vier Qualitätsstufen: passiv, aktiv, konstruktiv und interaktiv.
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Bei passiven Lernaktivitäten werden Informationen nur gespeichert und nicht in vorhandene Wissensstrukturen integriert. Lernende müssen sich dafür nicht beobachtbar am Unterrichtsgeschehen beteiligen (z. B. bei einem Lehrervortrag). Digitale Inhalte werden nur präsentiert, z. B. durch ein Video oder eine Präsentation.
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Bei konstruktiven Lernaktivitäten wird Wissen korrigiert, neu eingeordnet oder erarbeitet. Lernende müssen sich aktiv selbst neues Wissen erschließen, z. B. beim Strukturieren wie beim Erstellen einer Concept-Map, beim Einbringen von Beispielen oder Kritikpunkten in eine Online-Diskussion.
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Bei interaktiven Lernaktivitäten arbeiten Lernende darüber hinaus noch mit anderen Lernenden zusammen, z. B. indem Lernende eine eigene Position beziehen und diese ins Verhältnis zu anderen setzen wie beim (Peer-) Diskurs/Feedback oder auch beim kollaborativen Erstellen eines Papers, Podcasts oder Videos inkl. Peer-Feedback-Phase.
Rolle der Lehrkraft
Lerneffekte von Schülerinnen und Schülern werden maßgeblich durch ihre eigenen Lernaktivitäten beeinflusst. Entscheidend ist also, was die Lernenden selbst tun. Die Aufgabe der Lehrkräfte besteht dabei insbesondere darin, die Schülerinnen und Schüler für die am besten geeigneten Materialien und Aktivitäten zu motivieren und sie bei deren Bearbeitung zu unterstützen und zu begleiten. Was sich dadurch also ändert, ist die Rolle der Lehrkraft selbst.
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Neue Lernaktivitäten, die sich auf die Schülerinnen und Schüler konzentrieren, verändern auch die Rolle der Lehrkraft! © AdobeStock/Visual Generation Den Lernprozess optimal gestalten und begleiten!
Die Lehrkraft begleitet den Lernprozess, ist Tutorin bzw. Tutor, Coach und Mentorin bzw. Mentor. Sie moderiert, motiviert und unterstützt (individuell) mit entsprechenden Impulsen und Hilfestellungen. Insbesondere kann sie den Lernprozess durch ermutigendes, individuelles, aber durchaus auch leistungsorientiertes Feedback positiv unterstützen.
Der Gestaltung des Lernmaterials kommt immer eine große Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang sollten daher vor allem die lernirrelevante kognitive Belastung so gering wie möglich gehalten werden. (Dieser Hinweis bezieht sich auf die „Cognitive Load Theory” von Chandler und Sweller (Chandler, 1991).) Wichtig ist auch eine angenehme und ruhige Lernumgebung, in der ein konzentriertes Arbeiten gelingen kann.
Pädagogisches Handeln knüpft idealerweise an den alltäglichen Medienerfahrungen von Kindern und Jugendlichen an und berücksichtigt individuelle Handlungsmuster und persönliche Verarbeitungsleistungen in Zusammenhang mit den jeweils vorhandenen sozialen Lebenslagen und Anregungsmilieus (Familie, soziokulturelles Umfeld). Niesyto merkt folgerichtig an: „Hierfür sind authentische Lernsituationen notwendig, die genügend Zeit- und Handlungsspielräume für das Experimentieren und spielerische Ausprobieren mit Medien eröffnen“. (Niesyto, 2003, S. 2)