Lernförderlicher Einsatz digitaler Hefte
Werden digitale Hefte genutzt, ist eine konsequente Begleitung, Anweisung und Anleitung der Schülerinnen und Schüler von Beginn an unverzichtbar. Dazu ist es notwendig, dass sich das Kollegium vorab Gedanken macht, welche verbindlichen Strukturen, Vorgaben zur Nutzung und Möglichkeiten der Begleitung benötigt werden, damit eine lernförderliche Heftführung gelingen kann.
Das traditionelle Heft kann nicht 1:1 auf ein digitales Heft übertragen werden. Vielmehr gilt es, die zusätzlichen Möglichkeiten sinnvoll zu integrieren. Zusätzlich besteht häufig die Herausforderung, eine vorhandene Lernplattform mit dem digitalen Heft zu kombinieren. Neben der technischen Bedienkompetenzen benötigt das Kollegium vor allem Impulse und Strukturen für die Nutzung einer digitalen Notizen-App im Unterricht. Aufgabe jeder Lehrkraft ist es, die Lernenden in der Nutzung anzuleiten und zu begleiten.
Neben der technischen Bedienung einer Notizapp, ist es nötig, die Struktur eines Hefteintrages an die veränderten Bedingungen anzupassen und transparent zu machen. Je nach Anwendung stehen unterschiedliche technische Möglichkeiten zur Verfügung, die einzelnen Notizen zu ordnen und zu strukturieren. Einzelne Notizen können separat gespeichert oder zu einer fortlaufenden Notiz hinzugefügt werden.
Im Sinne der Lernenden lohnt es sich, den Einsatz gemeinsam im Kollegium abzustimmen, Erfahrungen zu sammeln und gemeinsam Konzepte zu entwickeln. Nach einer Standortanalyse und der Formulierung eines gemeinsamen Ziels, muss sich das Kollegium fragen, wie sie dieses erreichen können.
Damit die Lehrenden die Möglichkeit bekommen, digitale Heftführung in ihrem Unterricht zu erproben, kann es sinnvoll sein Vorschläge für den Aufbau und die Struktur vorzugeben. Nach einer Reflexionsphase passen die Lehrenden diese dann an ihre Bedürfnisse im Unterricht an. Hilfreich ist es auch, wenn Lehrende die verwendete Anwendung als Unterstützung im eigenen Unterrichtsalltag erleben. Später muss Raum gegeben werden, um Traditionen zu hinterfragen und die Nutzung eines digitalen Heftes im Unterricht dauerhaft zu reflektieren.
Fragen, die sich jede Lehrkraft, die (neu) in einer Klasse mit einer digitalen Heftführung unterrichtet, stellen sollte:
Beherrsche ich die Grundfunktionen der Anwendungen (vgl. Schulungskonzept der Lernenden)?
Kann ich die Anwendung im Unterricht einsetzen (Split Screen, Projektionsmöglichkeiten, etc.)?
Wie bilde ich eine lernförderliche Struktur für den eigenen Unterricht als digitales Heft ab?
Wie kann ich die Lernenden in der Nutzung begleiten?
Wie übe ich den Workflow ein (Arbeitsblatt öffnen, bearbeiten, speichern, einreichen, etc.)?
Welche Vorteile erkenne ich für den eigenen Unterrichtsalltag?
Wie bindet man Lernprodukte und andere Medien in die Heftführung ein?
Wie setze ich das digitale Heft neben dem analogen Heft ein?
Basiskompetenzen, die an das schulinterne System angepasst sind, sollten über schulinterne Fortbildungen vermittelt und ggf. über Kurzanleitungen gesichert werden.
Fortbildungsangebote der ALP und der regionalen Referentennetzwerke digitale Bildung erweitern die Kompetenzen hin zu einem modernen Einsatz digitaler Medien im (Fach-)Unterricht.
Hilfreich ist es auch, wenn Lehrende die verwendete Anwendung als Unterstützung im eigenen Unterrichtsalltag erleben.
Grundfertigkeiten
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Die Verwendung eines digitalen Hefts im Unterricht setzt voraus, dass alle Lehrkräfte die Grundfunktionen der genutzten Anwendung beherrschen. Alle in den Klassen unterrichtenden Lehrkräfte müssen wissen, ob ein einheitliches System an der Schule oder in der Klasse genutzt wird und wie dieses konkret aussieht. Ausgehend von den Inhalten des Schulungskonzepts für Lernende werden die grundlegenden Funktionen festgelegt, die jede Lehrkraft kennen sollte.
Strukturvorschläge
„Damit jede Lehrkraft einheitlich arbeitet, haben wir ein Vorlagensystem eingeführt.”
Wie übe ich den Workflow ein?
Wenn es keine einheitlichen Vorgaben von der Schule gibt, ist es sinnvoll, seine Erwartungen an die Lernenden bezüglich des Workflows sowohl den Lernenden als auch den Erziehungsberechtigten mitzuteilen und zum Beispiel in Form von entsprechenden Hausaufgaben zu üben. Ein Schulungskonzept erleichtert den Einstieg, die Nutzung sollte aber nach wie vor angeleitet werden, insbesondere, wenn jede Lehrkraft eigene Strukturen verwendet.
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Tipps zum Einstieg in die neue Arbeitsweise:
Dateien bei der Bereitstellung systematisch benennen
Anweisungen zum Workflow in den Arbeitsauftrag integrieren
Zeit für die neuen Arbeitsschritte einplanen
Ablage zu Beginn regelmäßig kontrollieren
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“Sunny side down”
„Wenn ich etwas Neues erkläre, liegt das Tablet geschlossen auf dem Tisch. Die Aufforderung „Sunny side down!“ kennen unsere Schülerinnen und Schüler mittlerweile. Am Anfang braucht es etwas Zeit, bis sich die neuen Arbeitsabläufe einspielen. Die Lernenden müssen sich erst an das neue Arbeitsmedium gewöhnen. Wenn sie pädagogisch begleitet und angeleitet werden, dann können sich neue Rituale und Arbeitsweisen nachhaltig etablieren.“
Sebastian, Lehrkraft
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“Verlässliche Strukturen und Arbeitsabläufe etablieren”
„Wir haben eine einheitliche Ordnerstruktur auf zwei Ebenen vereinbart: einerseits die ‚Heftführung‘ durch eine Notiz-App, andererseits einen Ablageort zur Bereitstellung von Unterrichtsmaterial in einer Cloud. Hierbei achten wir auf eine ähnliche Struktur in beiden Systemen, damit den Lernenden immer klar ist, wo das Material zu finden ist und in welchen Ordner es gespeichert wird. In Anfangsklassen bemühen wir uns, Dateien möglichst exakt zu benennen. Das Öffnen der bereitgestellten Dateien am richtigen Ort erfordert zu Beginn Zeit und Kontrolle!”
Sebastian, Lehrkraft
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Arbeitsabläufe visualisieren!
„Der Umgang mit den mobilen Endgeräten erfordert für die Schülerinnen und Schüler zu Beginn eine kleinschrittige Vorgehensweise. Wir klären zunächst die folgenden Fragen: Wo finde ich die Datei? Wie öffne ich sie? Wo lege ich sie ab?. Dazu verwende ich entsprechende Icons bei den Arbeitsaufträgen, um die Lernenden bei der Orientierung zu unterstützen und ihnen den Arbeitsprozess zu erleichtern.“
Verena, Lehrkraft
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Workflow nicht unterbrechen!
„In der Unterrichtspraxis sieht das so aus: Das Material wird idealerweise am Vortag von der Lehrkraft zur Verfügung gestellt. Dieses laden die Schülerinnen und Schüler am Anfang der Unterrichtsstunde auf ihr Endgerät.“
Sabine, Lehrkraft
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Practice makes perfect!
„Um Störfälle zu vermeiden, probiere ich die geplanten Arbeitsschritte mit den verwendeten Programmen immer vorher aus. Dadurch geht man einfach sicherer in den Unterricht. Außerdem ist es notwendig, sich vorher zu überlegen, ob das, was von den Lernenden verlangt wird, auch ausreichend eingeübt wurde. Andernfalls kann schnell Frust entstehen. Arbeitsaufträge werden besprochen, bevor das Gerät angeschaltet wird, sonst ist die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler nicht sichergestellt.“
Maximilian, Lehrkraft
Wie kann ich die Lernenden in der Nutzung begleiten?
Zur Verbesserung der digitalen Heftführung ist eine kontinuierliche und altersgemäße Begleitung der Lernenden durch die Lehrkraft notwendig. Die Intensität der Begleitung orientiert sich am Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler. Für die Nutzung des digitalen Hefts sollten auch, abhängig von der gewählten Umsetzungsvariante, klare Vorgaben erarbeitet und an die Lernenden sowie Erziehungsberechtigten kommuniziert werden. Diese müssen an pädagogische, didaktische und fachspezifische Bedürfnisse angepasst werden. Peer Feedback und eine regelmäßige Kontrolle unterstützt die Begleitung und den Einsatz eines lernförderlichen Hefts.
Welche Potenziale können durch eine digitale Heftführung entstehen?
Lehrkräfte unterschiedlicher Schularten erläutern, warum sie sich für die Nutzung eines digitalen Hefts entschieden haben:
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„Das digitale Heft wird den individuellen Bedürfnissen meiner Schülerinnen und Schüler gerecht!“
Mit dem digitalen Heft können Lehrkräfte dem Prinzip der Individualisierung gerecht werden. Die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, innerhalb eines vorgegebenen Rahmens die Gestaltung von Inhalten des digitalen Hefts zu personalisieren und so für sie verständlicher zu machen. Falls notwendig, können zusätzliche Hilfen, Materialien oder grafische Elemente problemlos ergänzt werden. Ebenso kann ich meine Unterrichtsmaterialien individuell gestalten und schnell an die Lernenden anpassen.
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„Das digitale Heft unterstützt meinen Unterricht mit passgenauem Material!“
Seit ich das digitale Heft nutze, kann ich meine Übungen noch genauer auf die Unterrichtssituation und meine Lernenden zuschneiden und das mit nur wenig Aufwand. Häufig verwende ich dafür einfach bereits bestehende Materialien und passe sie einfach an die Inhalte meines Unterrichts an.
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„Das digitale Heft macht es möglich, unterschiedliche Medien leicht miteinander zu verknüpfen!“
Für meine Schülerinnen und Schüler ist es ein großer Vorteil, dass weitere Medien schnell und unkompliziert in das digitale Heft mit eingebunden werden können. Je nach Notizen-App können ergänzende Quellen, Audio- und Videodateien direkt in das digitale Heft eingepflegt oder alternativ über eingebettete Links aufgerufen und gegebenenfalls weiterbearbeitet werden.
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„Der Einbau kollaborativer und kooperativer digitaler Hefteinträge hat meinen Unterricht bereichert!“
Der Einsatz von digitalen Heften bietet vielfältige Möglichkeiten, die Zusammenarbeit zwischen Lernenden zu fördern. Zahlreiche Notizen-Apps machen es möglich, gleichzeitig Ideen zu sammeln, gemeinsam Grafiken zu gestalten, Texte zu verfassen oder Ergebnisse zu sichern. Meine Schülerinnen und Schüler profitieren von den Ideen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler und erhalten neue Impulse für das eigene Denken.
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„Das digitale Heft erlaubt es den Lernenden, mehr von meinem Feedback zu profitieren.“
Besonders die Gegenüberstellung meines korrigierten Dokuments mit dem Originaldokument, welche beide nebeneinander im Heft Platz finden, hilft meinen Schülerinnen und Schülern dabei, ihre Fehler besser zu erkennen und von meiner Korrektur zu profitieren. Manchmal erstelle ich eine chronologische Fehler- und Korrekturliste, die die Lernenden zur Selbstkorrektur ihres Textes verwenden. Als besonders hilfreich empfinden sie meine kurzen Audiokommentare zu ihren Hausaufgaben.