Wirksame Umsetzung kooperativen Lernens
Was sind die Voraussetzungen Kooperativen Lernens?
In der Literatur werden fünf zentrale Basiselemente beschrieben, die als definierende und qualitätsbestimmende Merkmale des Konzepts des kooperativen Lernens gelten (Slavin 1995 und Johnson & Johnson 1994):
· Positive gegenseitige Abhängigkeit in der Gruppe
· Individuelle Verantwortlichkeit
· Unterstützende Interaktion
· Kooperative Kompetenzen
· Reflexion von Zusammenarbeit und Arbeitsergebnissen
Zum einen, kann ohne diese Basiselemente kann streng genommen nicht von kooperativem Lernen, sondern lediglich von Gruppenarbeit als Sozialform gesprochen werden (Johnson & Johnson, 1989). Andererseits sind genau diese Elemente unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit der Schülerinnen und Schüler positive Auswirkungen auf ihre Lernprozesse hat (Veenman et al., 2002). Diese fundamentalen Bestandteile prägen das kooperative Lernen und sind entscheidend für dessen Effektivität. In der Praxis können sie mithilfe von Strukturhilfen wie Rollen, Regeln und Gesprächsleitfäden umgesetzt werden.

Dr. Benedikt Wisniewski widmet sich in seinem Podcast „Psychologie fürs Klassenzimmer” ausführlich der Studie zum Kooperativen Lernen von Slavin. Hier gibt es die vollständige Folge zum Nachhören.
Wie wichtig sind soziale Kompetenzen?
Das Konzept des Kooperativen Lernens geht von einem Mindestmaß an Sozialkompetenz aus - und entwickelt sie zu einem Höchstmaß weiter.
Kooperative Lernsituationen sind immer lernerzentriert. Es geht in erster Linie darum, dass die Schüler selbstständig und individuell arbeiten und sich in eine Lerngruppe einbringen, sodass eine Form des Gemeinschaftsgefühls entsteht. Die Schüler übernehmen demzufolge im kooperativen Unterricht eine andere Rolle als im herkömmlichen Unterricht.
Die Gestaltung kooperativen Lernens setzt daher voraus, dass bereits grundlegende soziale Kompetenzen vorhanden sind, die im Verlauf des gemeinschaftlichen Prozesses weiterentwickelt werden. Durch die Zusammenarbeit in diesem Rahmen haben die Schüler die Möglichkeit, ihre sozialen Fähigkeiten so zu erweitern, dass sie am Ende ihrer schulischen Laufbahn über ein umfassendes Spektrum an sozialen Kompetenzen verfügen (Johnson & Johnson, 1989). In der Literatur finden sich verschiedene Ansichten darüber, welche spezifischen Fähigkeiten zu den kooperativen Kompetenzen zählen. Daher wurden die häufigsten und relevantesten Fähigkeiten ausgewählt und aufgeführt:
· Kommunikationsfähigkeit
· Schaffung einer Vertrauensbasis
· Führung einer Gruppe (Rollenübernahme)
· Fähigkeit Kontroversen zu führen
· Sich gegenseitig unterstützen
· Sich gegenseitig respektieren und einander wertzuschätzen (Toleranz)
Wie verändert sich die Rolle der Lehrkraft?
Diese Veränderung im Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden führt auch zu einer Neugestaltung der Rolle der Lehrkräfte. Es ist nicht nur notwendig, dass die Schüler ihr Verhalten und ihre Rolle im Unterricht neu überdenken; auch die Lehrenden müssen sich in eine neue Position im Unterrichtsgeschehen einfinden.
Norm Green beschreibt die neue Lehrerrolle in seinem Buch „Kooperativ Lernen im Klassenraum und im Kollegium – ein Trainingsbuch“ ausführlich und unterteilt die Aufgaben einer Lehrkraft in diesem Zusammenhang in drei Bereiche:

Folglich muss die Lehrkraft einen großen Teil an Vorarbeit leisten, um einen positiven Verlauf der geplanten kooperativen Lernphase sicherzustellen und des Weiteren während des Verlaufes der Unterrichtsstunde die Rolle des Beobachters, Beurteilers und Unterstützers einnehmen. Diese Einteilung lässt sich auch auf digitale Unterrichtsszenarien, die auf eine Zusammenarbeit abzielen, übertragen.
Wie wirksam sind die verschiedenen Methoden des Kooperativen Lernens?
Auf der Basis der oben genannten Prinzipien ist eine Reihe von Methoden des kooperativen Lernens entwickelt und empirisch geprüft worden. Beispiele dafür sind Gruppenrecherche, Gruppenralley, Gruppenpuzzle oder reziprokes Lernen. Die Wirksamkeit unterschiedlicher Formen des kooperativen Lernens ist mittlerweile sehr gut erforscht und … 214 Helmke: Empirische Befunde dazu
Als methodisch zentral wird dabei der Dreischritt: Denken-Austauschen-Vorstellen beschrieben (Brünig Saum 2007). Diese Schritte lassen sich in einen größeren Rahmen setzen, der zum einen den Lernenden in den Blick nimmt aber ergänzend dazu die Rolle der Lehrkraft.

Wird dieser Rahmen regelmäßig im Unterricht berücksichtigt, entwickeln Lehrende und Lernende Handlungsroutinen, eine bessere Orientierung und eine höhere Sicherheit im Lehr- und Lernprozess.