Hate Speech - Präventions- und Interventionskonzepte an Schulen
Wie kann Hate Speech vorgebeugt und begegnet werden? Welche Maßnahmen eignen sich für den schulischen Kontext?
Hier erfahren Sie wesentliche Aspekte zum Phänomen Hate Speech und erhalten das nötige Hintergrundwissen, um das Thema in Ihrem Unterricht zu behandeln.
Neben einer Begriffsklärung werden die gängigsten Arten von Hate Speech erläutert, Erscheinungsmuster und Beteilungsformen aufgezeigt sowie die Relevanz des Themas für die Schule verdeutlicht.
Hate Speech kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „Hassrede“. Hate Speech ist ein Begriff, der in den letzten Jahren zunehmend in den öffentlichen Diskurs gerückt ist. Es handelt sich dabei um eine Form der Diskriminierung, die durch abwertende meist verbale Äußerungen, Beleidigungen oder Angriffe aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe gekennzeichnet ist. Faktoren wie Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, Religion, sexuelle Orientierung oder Behinderung bilden dafür die Grundlage.
Hate Speech kann sowohl online als auch offline auftreten. Insbesondere in den sozialen Medien hat Hate Speech in den letzten Jahren stark zugenommen, da die Plattformen eine weitreichende Verbreitung von Inhalten ermöglichen (vgl. Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, 2019).
Es ist wichtig, Hate Speech von anderen ähnlichen Begriffen abzugrenzen, da dies dazu beiträgt, das Problem genauer zu verstehen und entsprechend angemessen zu reagieren. Somit können gezielt Maßnahmen ergriffen werden, um Hate Speech zu bekämpfen und das Ziel einer toleranten und inklusiven Gesellschaft zu erreichen.
Beide Phänomene zielen darauf ab, anderen Menschen Schaden zuzufügen, indem sie negative und beleidigende Inhalte verbreiten (vgl. Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, 2019, S. 108).
Gemeinsamkeiten: Sowohl Hate Speech als auch Cybermobbing basieren auf der Absicht, eine hilflose Person zu schädigen und abzuwerten. Beide Phänomene nutzen die Kraft der Kommunikation, um Hass, Diskriminierung und Beleidigungen gegenüber bestimmten Personen oder Gruppen zum Ausdruck zu bringen. Sowohl Hate Speech als auch Cybermobbing können schwerwiegende Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden und die soziale Integration der Betroffenen haben. Sie können zu Angstzuständen, Depressionen, sozialer Isolation und sogar zu Selbstverletzungen oder zum Suizid führen.
Unterschiede: Der Hauptunterschied zwischen Hate Speech und Cybermobbing liegt im Medium und der Reichweite. Hate Speech bezieht sich in der Regel auf mündliche oder schriftliche Äußerungen, die öffentlich verbreitet werden, sei es offline oder online. Cybermobbing hingegen bezieht sich speziell auf die Verwendung digitaler Kommunikationsmittel, wie zum Beispiel soziale Medien, um andere zu belästigen, zu bedrohen oder zu diffamieren. Es hat oft einen wiederholenden Charakter und kann über einen längeren Zeitraum hinweg stattfinden (vgl. blz bayern).
Beide Phänomene haben negative Auswirkungen auf die Gesellschaft und können zur Verbreitung von Fehlinformationen führen (vgl. Amadeu Antonio Stiftung, 2019).
Gemeinsamkeiten: Sowohl Hate Speech als auch Fake News beinhalten eine gewisse Form von Irreführung und Manipulation. Sie werden oft mit der Absicht verbreitet, andere zu täuschen, zu beeinflussen oder zu schädigen. Beide Phänomene können in der digitalen Welt schnell verbreitet werden und erheblichen Schaden anrichten. Sowohl Hate Speech als auch Fake News können zu sozialer Spaltung, Misstrauen und der Verbreitung von Vorurteilen führen.
Unterschiede: Der Hauptunterschied besteht darin, dass Hate Speech auf sprachlichen Ausdruck und die Verbreitung von Hass, Diskriminierung oder Gewalt abzielt, während Fake News darauf abzielen, Fehlinformationen zu verbreiten und die öffentliche Meinung zu manipulieren. Hate Speech konzentriert sich auf die Abwertung bestimmter Personengruppen oder Individuen als Mitglieder bestimmter Gruppen, während Fake News oft politisch motiviert sind oder wirtschaftliche Interessen verfolgen. Fake News können auch Informationen enthalten, die zwar falsch oder irreführend sind, aber nicht notwendigerweise Hass oder Diskriminierung beinhalten.
Beide Phänomene haben negative Auswirkungen auf Einzelpersonen und Gruppen in der Gesellschaft und verstoßen gegen die Prinzipien der Gleichberechtigung und des Respekts (vgl. Amadeo Antonio Stiftung, 2019).
Gemeinsamkeiten: Sowohl Hate Speech als auch Diskriminierung basieren auf der Abwertung und Benachteiligung von bestimmten Personen oder Gruppen. Beide Phänomene manifestieren sich oft in Form von Vorurteilen, Stereotypen und feindseligen Handlungen. Sie können zu sozialer Ausgrenzung, Ungleichbehandlung und einer Atmosphäre der Intoleranz führen. Sowohl Hate Speech als auch Diskriminierung tragen zur Spaltung der Gesellschaft bei und können psychische und physische Schäden verursachen.
Unterschiede: Der Hauptunterschied zwischen Hate Speech und Diskriminierung liegt in der Art und Weise, wie sie sich äußern. Hate Speech konzentriert sich auf die Verbreitung von verbalen Äußerungen, die Hass, Beleidigung oder Gewalt gegenüber bestimmten Personen oder Gruppen ausdrücken. Diskriminierung hingegen bezieht sich auf Handlungen oder Praktiken, die eine ungleiche Behandlung oder Benachteiligung aufgrund von Merkmalen wie Rasse, Geschlecht, Religion, sexueller Orientierung oder anderen geschützten Eigenschaften beinhalten.
Beide Phänomene haben das Potenzial, gefährliche Auswirkungen auf Gesellschaften zu haben und den sozialen Zusammenhalt zu gefährden (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 2019).
Gemeinsamkeiten: Sowohl Hate Speech als auch Extremismus basieren auf der Verbreitung von Ideologien, die Hass, Intoleranz und Gewalt fördern. Beide Phänomene zielen darauf ab, andere zu diskriminieren, zu beleidigen oder zu bedrohen. Sowohl Hate Speech als auch Extremismus können Menschen beeinflussen und zur Radikalisierung führen. Sie tragen zur Spaltung von Gemeinschaften bei und können zu gewalttätigen Handlungen führen.
Unterschiede: Der Hauptunterschied zwischen Hate Speech und Extremismus liegt darin, dass Extremismus eine umfassendere Ideologie oder Weltanschauung kennzeichnet, die oft politisch oder religiös motiviert ist. Extremistische Ideologien können zu Gewalttaten oder terroristischen Handlungen führen und haben oft das Ziel, politische, soziale oder religiöse Veränderungen herbeizuführen. Hate Speech hingegen konzentriert sich auf die Verbreitung von Hass, Diskriminierung und Feindseligkeit gegenüber bestimmten Personengruppen, ohne notwendigerweise eine breitere extremistische Agenda zu haben.
Beide Phänomene beinhalten den Einsatz von sprachlicher Kommunikation, um anderen Schaden zuzufügen oder abzuwerten (vgl. Focus online, 2019).
Gemeinsamkeiten: Sowohl Hate Speech als auch verbale Gewalt haben das Ziel, anderen Menschen durch den Einsatz von verbalen Äußerungen Schaden zuzufügen. Sie können beleidigend, herabwürdigend oder bedrohlich sein. Beide Phänomene verletzen die Gefühle, Würde und psychische Integrität der Betroffenen. Sie können zu negativen Auswirkungen wie emotionaler Belastung, Angstzuständen und einem gestörten sozialen Umfeld führen.
Unterschiede: Der Hauptunterschied zwischen Hate Speech und verbaler Gewalt liegt in ihrer Motivation und ihrem Fokus. Hate Speech zielt darauf ab, bestimmte Personen oder Gruppen aufgrund von Merkmalen wie Rasse, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder anderen geschützten Eigenschaften anzugreifen. Es geht dabei um die Verbreitung von Hass, Diskriminierung und Intoleranz. Verbale Gewalt hingegen kann sich auf individuelle Merkmale einer Person beziehen, die nicht zwangsläufig durch diskriminierende Merkmale definiert sind. Sie kann auch im privaten Umfeld auftreten und ist nicht zwangsläufig auf eine bestimmte Gruppe gerichtet.
Hate Speech greift die bestehenden Macht- und Diskriminierungsverhältnisse in unserer Gesellschaft auf, zu denen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Sexismus sowie Homo- und Transfeindlichkeit gehören. Im Folgenden werden die gängigsten Arten von Hate Speech beleuchtet (vgl. Klicksafe, 2022).
Rassistische Hate Speech: Dies bezieht sich auf Hassreden, die auf die Rasse, ethnische Zugehörigkeit oder Hautfarbe abzielen. Hierbei werden rassistische Stereotypen verbreitet, beleidigende Begriffe verwendet oder rassistische Gewalttaten befürwortet.
Religiöse Hate Speech: Diese Art von Hate Speech richtet sich gegen bestimmte Religionen oder religiöse Gruppen. Sie kann Hassbotschaften, Diffamierungen oder Angriffe auf religiöse Überzeugungen beinhalten.
Homophobe und transphobe Hate Speech: Diese Form von Hate Speech zielt auf Menschen ab, die lesbisch, schwul, bisexuell oder transgender sind. Es beinhaltet oft Beleidigungen, Diskriminierung oder Gewaltandrohungen aufgrund sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität.
Sexistische Hate Speech: Hierbei handelt es sich um beleidigende Äußerungen oder Angriffe, die auf das Geschlecht oder die Geschlechtsidentität von Personen abzielen. Frauenfeindlichkeit, Misogynie und Diskriminierung von Nichtbinären können Teil dieser Form von Hate Speech sein.
Xenophobe Hate Speech: Diese Form von Hate Speech richtet sich gegen Menschen anderer Herkunft oder Nationalität. Sie kann Vorurteile, Fremdenfeindlichkeit oder Feindseligkeit gegenüber Einwanderern oder Menschen aus anderen Kulturen beinhalten.
Es ist wichtig zu verstehen, wie Hate Speech in diesem Kontext zum Ausdruck kommt. Die folgenden Abschnitte erläutern, wie sich Hate Speech sprachlich und inhaltlich äußern kann. Diese Muster sind typisch für das Phänomen und treten in der Regel in mehreren Erscheinungsformen auf.
Erscheinungsformen von Hate Speech (vgl. Landesanstalt für Medien NRW, AJS NRW, 2019 und Landesmedienzentrum Baden-Württemberg, 2022):
Verallgemeinerungen/ Vorurteile/ Stereotypen: Griechen sind faul. Ausländer raus.
Verbreitung von falschen Aussagen: Die Flüchtlinge haben alle teure Handys.
Sexistische und rassistische Beleidigung und Schimpfwörter/ herabwürdigende Begriffe: Schlampe, Schwuchtel, Sozialschmarotzer
Gleichsetzung: Juden = Israel Schwarze = Afrika
Verschwörungstheorien: Israel hat einen Anschlag auf die eigene Bevölkerung inszeniert, um von der Kritik an der Außenpolitik abzulenken.
Derealisierung (Eine verzerrte, realitätsabgehobene Konzeptualisierung durch Ausblendung von Fakten oder in Form von Falschaussagen): Alle Politiker hassen Deutschland.
Gegenüberstellung von Wir- und Ihr-Gruppe und das Konstruieren eines Handlungszwangs: Wenn wir uns von denen weiter auf der Nase herumtanzen lassen, werden wir alle sterben.
Emotionalisierung und Übertreibung (Aussagen, die Stimmungen oder Gefühle wie Wut oder Angst erzeugen): Es droht uns eine Islamisierung.
Normalisierung von bestehenden Diskriminierungen: Ist doch kein Wunder, dass die Schwarzen so behandelt werden.
Androhung von Gewalt (Befürwortung und Ankündigung von Vergewaltigungen oder Körperverletzungen, Stilisierung als „Widerstand“): „Die sollte man alle abknallen/verbrennen/vergasen.“
Drohungen oder Aufrufe zur Gewalt: Lasst uns …
Inhalt und Ton des Posts sind herabwürdigend und aggressiv
Es gibt verschiedene Beteiligungsformen, die mit Hate Speech in Verbindung stehen (vgl. Bundesprüfstelle für jugendgefährdete Medien, 2019).
Die JIMplus Studie (2022) zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der befragten Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren schon einmal Hasskommentare im Internet gesehen hat. Bei den 12- bis 13-Jährigen ist die Wahrnehmung mit 67% am geringsten, bei den 17- bis 19-Jährigen mit 87% am höchsten. Dabei begegnet den Schülerinnen und Schülern Hate Speech mit Abstand am häufigsten in Kommentaren auf den meist genutzten Plattformen wie Instagram, TikTok, YouTube und Whats App. Kommunizieren die Jugendlichen privat, so kommt fast zwei Fünftel mit Hate Speech in Kontakt (vgl. JIMplus, 2022).
Angesichts der hohen Verbreitung von Hate Speech in sozialen Netzwerken wird die Relevanz dieses Themas für die psycho-soziale Entwicklung von Jugendlichen deutlich. Insbesondere in jüngster Zeit zielen Hate Speech-Inhalte vermehrt auf Jugendliche ab, indem sie sich jugendlichen Stilmitteln bedienen. Dadurch sind Jugendliche einem erhöhten Risiko ausgesetzt, Hate Speech zu begegnen (vgl. Wachs et al., 2020, S. 225 f).
75 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, Hate Speech bereits einmal in der Schule behandelt zu haben, da die Lehrkräfte das Thema in den regulären Unterricht integriert haben (vgl. JIMplus, 2022, S. 43ff).
Somit stellt die Schule einen wichtigen Ort für die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Hate Speech dar und ist zugleich dafür prädestiniert, diesem durch die Vermittlung von Demokratie-, Sozial – und Medienkompetenzen entgegenzuwirken. Die folgenden Punkte verdeutlichen, weshalb es wichtig und richtig ist, Hate Speech in der Schule zu thematisieren.
Schulen haben die Aufgabe, Werte wie Respekt, Toleranz und Vielfalt zu vermitteln. Hate Speech steht im Widerspruch zu diesen Werten, da sie diskriminierende, beleidigende oder verletzende Sprache gegenüber bestimmten Gruppen oder Einzelpersonen beinhaltet. Indem Schulen Hate Speech thematisieren, können sie dazu beitragen, ein Klima des Respekts und der Toleranz zu fördern.
Hate Speech kann ein Vorläufer für Mobbing und Gewalt sein. Wenn Schülerinnen und Schüler lernen, welche Auswirkungen ihre Worte haben können und wie sie andere respektvoll behandeln, können sie dazu beitragen, Mobbing und Gewalt in der Schule vorzubeugen.
In Zeiten zunehmender Digitalisierung ist die Auseinandersetzung mit Hate Speech besonders wichtig. Soziale Medien und Online-Plattformen bieten vielfach Raum für anonyme und unkontrollierte Äußerungen. Schülerinnen und Schüler müssen lernen, wie sie Hate Speech erkennen, darauf reagieren und angemessen damit umgehen können.
Indem Hate Speech thematisiert wird, können Schulen Kinder und Jugendliche für verschiedene Formen von Diskriminierung sensibilisieren, sei es aufgrund von Rasse, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder anderen Merkmalen. Dies kann dazu beitragen, Empathie zu entwickeln und für soziale Gerechtigkeit einzutreten.
Es ist wichtig, dass Schülerinnen und Schüler verstehen, dass Meinungsfreiheit ein grundlegendes Recht ist, aber auch mit Verantwortung einhergeht. Sie sollten lernen, dass sie ihre Meinungen frei äußern können, aber dabei die Rechte und Würde anderer respektieren müssen. Durch die Auseinandersetzung mit Hate Speech können sie ein Bewusstsein für die Grenzen der Meinungsfreiheit entwickeln.
Insgesamt ist Hate Speech ein relevantes Thema für Schulen, da es die Schülerinnen und Schüler dazu befähigt, Respekt, Toleranz, digitale Kompetenz und soziale Verantwortung zu entwickeln. Zudem können Schulen, indem sie Hate Speech thematisieren zur Schaffung einer inklusiven und respektvollen Lernumgebung beitragen.
Wie kann Hate Speech vorgebeugt und begegnet werden? Welche Maßnahmen eignen sich für den schulischen Kontext?
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Wo endet die Meinungsfreiheit, wo beginnt die Straftat und welche Folgen hat Hate Speech?