Fake News erkennen
Informationen über Strategien und Kriterien zur Entlarvung von Fake News
Im Zusammenhang mit Fake News ist auch immer wieder die Rede von Verschwörungserzählungen. Im Folgenden soll genauer beleuchtet werden, wie sich diese beiden Begriffe voneinander abgrenzen lassen, und was sich hinter Verschwörungserzählungen genau verbirgt.
Unterrichtsbeispiele finden Sie über folgende Überblicksseite:
Nicht zu verwechseln, aber oft in einem Atemzug mit dem Begriff Fake News genannt, sind Verschwörungserzählungen - spekulative Geschichten, denen die faktische Basis fehlt (vgl. Skudlarek, 2019). Anhänger von Verschwörungserzählungen versuchen, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken einer kleinen Gruppe von Akteuren zu einem oft illegalen oder illegitimen Zweck (vgl. Stangl, 2020). Verschwörungserzählungen werden auch als Verschwörungsmythos oder fälschlicherweise als Verschwörungstheorie bezeichnet.
Der Begriff Verschwörungstheorie aber suggeriert Evidenzbasiertheit, da man beim Begriff „Theorie“ gemeinhin von einer Annahme auf Basis von Fakten und wissenschaftlicher Überprüfung ausgeht. Verschwörungserzählungen dagegen werden nicht durch „Verschwörungstheoretiker" aufgedeckt, sondern durch faktische Recherche, durch wissenschaftliches Arbeiten oder durch Whistleblowing (vgl. Lamberty, 2020).
Verschwörungserzählungen werden häufig im politischen Kontext immer wieder genutzt, um Feindbilder zu gestalten, Institutionen, andere Staaten und politische Gegner – wie beispielsweise in den 1970er und 1980er Jahren die Sowjetunion und die USA – zu delegitimieren.
Natürlich gibt es neben Verschwörungserzählungen auch echte Verschwörungen, wie den NSA-Skandal, der 2013 von Edward Snowden aufgedeckt wurde (vgl. Lamberty, 2020).
Verschwörungserzählung vs. Verschwörungsmythos
Ein Verschwörungsmythos vereint mehrere Verschwörungserzählungen. Unter einem Mythos versteht man eine Geschichte, die Menschen für wahr halten. Diese ist häufig tief und langdauernd in der jeweiligen Gesellschaft verankert. Ein Mythos beschreibt also, wie Menschen die Welt um sie herum deuten und verstehen.
Der Glaube an Verschwörungserzählungen ist ein weltweites Phänomen und auch in Deutschland sehr verbreitet. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte zuletzt 2019 Ergebnisse in ihrer Mitte-Studie, in der seit 2006 im Rhythmus von zwei Jahren Daten zu antidemokratischen Tendenzen in der Bundesrepublik Deutschland erhoben werden.
Demnach glauben 46 % aller Deutschen, dass es geheime Organisationen gibt, die Einfluss auf Politiker und politische Entscheidungen nehmen.
24 % gehen davon aus, dass Medien und Politik im Einklang agieren.
Laut der Mitte-Studie glauben mehr Männer als Frauen an Verschwörungserzählungen.
In einer repräsentativen Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung wurde ermittelt,
dass ältere Menschen über 65 Jahren etwas häufiger dazu tendieren an Verschwörungserzählungen zu glauben als jüngere Menschen (vgl. Roose, 2020).
Unterschiede zwischen Ost und West spielen keine nennenswerte Rolle.
Bildungshintergrund und soziale Herkunft sind bei der Zustimmung zu Verschwörungserzählungen ebenfalls kaum von Belang.
Menschen, die Verschwörungserzählungen gegenüber offen sind, stehen dem politischen System kritischer gegenüber und zeigen tendenziell eine höhere Gewaltbereitschaft gegenüber Andersdenkenden (vgl. Zick, Küpper, Berghan, 2019).
Die Psychologie dahinter:
Erst seit den 1940er Jahren forschen Psychologinnen und Psychologen zu Verschwörungserzählungen. Heute geht man davon aus, dass Verschwörungserzählungen verschiedenste existenzielle, soziale und epistemische Bedürfnisse befriedigen können.
In Zeiten gesellschaftlicher Krisen und sozialer Unsicherheit erleben Menschen auf unterschiedlichste Weise Kontrollverlust über die Situation und fühlen sich ohnmächtig. Sich die private Unsicherheit anhand Verschwörungserzählungen zu erklären, ist eine Strategie, die Situation zu verstehen und die Welt wieder begreifbarer zu machen (vgl. Lamberty, 2020, S. 4).
Auch um sich besser zu fühlen, sich von anderen abzuheben, ist ein Beweggrund, an Verschwörungserzählungen zu glauben. „Die Wahrheit“ zu sehen, kann nicht nur Kontrolle erzeugen, sondern auch das Gefühl verstärken, „Unwissenden“ etwas voraus zu haben, besonders zu sein und damit den eigenen Selbstwert erhöhen (Lamberty, 2020, S. 5).
Die Welt zu verstehen, Muster zu erkennen, sich Dinge zu erklären, kann ebenso durch Verschwörungserzählungen geschehen. Wenn einschneidende Dinge in der Welt geschehen, glauben Menschen tendenziell eher, dass bedeutsame Ursachen dahinterstecken müssen (Lamberty, 2020, S. 5). Der Glaube an etwas Bedeutsames, das im Verborgenen abläuft, kann Unbegreifliches oder Bedrohliches erklären und so in das eigene Weltbild eingepasst werden.
Die Psychologen Jan-Willem van Prooijen, Karen M. Douglas und Clara De Inocencio führten im August 2017 eine Studie durch, bei der Probandinnen und Probanden abstrakte Gemälde gezeigt wurden. Die Untersuchung konnte zeigen, dass diejenigen, die an Verschwörungen glaubten, in diesen abstrakten Gemälden eher Muster und Strukturen entdeckten und Absichten dahinter vermuteten, selbst wenn diese nicht existierten (vgl. Lamberty, 2020).
Bereits seit der späten Neuzeit verbreiten sich Verschwörungserzählungen in der Gesellschaft. Im Mittelalter entwickelten sich erste Verschwörungserzählungen, die sich um das Judentum ranken. Im 20. und 21. Jahrhundert kursieren jedoch eine Vielzahl an verschiedenen Verschwörungserzählungen, die vor allem politische Ereignisse, naturwissenschaftliche Erkenntnisse, religiöse Gruppen und berühmte Personen betreffen.
Um die jüdische Weltherrschaft ranken sich eine Reihe verschiedenster Verschwörungserzählungen. Eine davon ist die des jüdischen Milliardärs George Soros, der angeblich verschiedene Revolutionen geplant und finanziert hat, Regierungen verschiedener Länder zu lenken, um so eine New World Order, eine neue Weltordnung, herzustellen.
Soros wird bereits in den 1980er und 1990er Jahren zum Feindbild der damaligen Sowjetunion, aber auch von der westlichen Linken. George Soros gründet Stiftungen und unterstützt Nichtregierungsorganisationen, finanziert u. a. durch Immobiliengeschäfte. Sein Finanzmarktanalysen bringen ihm weltweite Reputation ein und machen ihn so zum Gegenstand antisemitischer Verschwörungserzählungen.
QAnon ist eine lose Bewegung, die sich im Netz zusammengeschlossen hat und mittlerweile auch im realen Leben agiert. So beispielsweise im Januar 2021, als das Capitol in Washington erstürmt wurde. Die QAnon-Bewegung entsteht 2017 nach einem kryptischen Post im amerikanischen Netzwerk 4chan. Dieser suggeriert, dass der Verfasser den Status „Q“ innehat, was bedeutet, dass er Wissen über das US-amerikanische Nuklearprogramm hat.
Die Äußerungen, die innerhalb der Bewegung getroffen werden, die sogenannten Q-Drops, sind oft fragmentarisch und befeuern neben antisemitischen Verschwörungserzählungen auch den Glauben, dass die amerikanische Elite aus Politik, Medien und Unterhaltungsbranche den Staat unterwandere und satanistische, sadistische sowie pädophile Handlungen ausführe.
Um das Corona-Virus und seine Ausbreitung gibt es mehrere Verschwörungserzählungen. Die vier populärsten:
Das Corona-Virus wird vom neuen Mobilfunkstandard 5G verbreitet.
Das Virus stammt von Bill Gates.
Das Corona-Virus gibt es gar nicht.
Das Virus soll die Weltbevölkerung reduzieren.
Diese Verschwörungserzählungen haben gemein, dass sie von Medizinern in alternativen Medien verbreitet werden, und dass diese durch ihre Profession eine hohe Glaubwürdigkeit suggerieren.
Die Flacherdler oder Flatearther glauben, dass die Erde eine Scheibe mit dem Nordpol als Loch in der Mitte ist, um den die Sonne und der Mond kreisen. Da die Antarktis die Erde in Form einer Wand aus Eis umschließt, kann man nicht „herunterfallen”. Diese Eisbarriere wird vom US-Geheimdienst oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der NASA bewacht.
Lamberty, Pia (2020). Verschwörungserzählungen. Informationen zur politischen Bildung aktuell Nr. 35/2020.
Moleski, Sebastian (2011). Das Recht, am Wissen der Menschheit teilzuhaben. Hg. für die Friedrich-Ebert-Stiftung v. Birthe Kretschmer u. Frederic Werner. S. 52-57. https://library.fes.de/pdf-files/akademie/hamburg/08862.pdf [16.02.20221].
Roose, Jochen. (2020). Sie sind überall. Eine repräsentative Umfrage zu Verschwörungstheorien. Hg. Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., Berlin.
Skudlarek, Jan. (2019). Wahrheit und Verschwörung: Wie wir erkennen, was echt und wirklich ist, Ditzingen, 208 S.
Stangl, Werner. (2020). Stichwort: Verschwörungstheorie.Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik. WWW: https://lexikon.stangl.eu/23563/verschwoerungstheorie/ [16.02.2021].
Zick, Andreas, Küpper, Beate, Berghan, Wilhelm. (2019). Verlorene Mitte - Feindselige Zustände. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018/19. Hg. für die Friedrich-Ebert-Stiftung v. Franziska Schröter. https://www.br.de/nachricht/import/audiovideo/1thema3koepfe-122-telegram-podcast-fertig-100.html [12.02.2021]
Podcast über Verschwörungserzählungen und den Messenger-Dienst Telegram https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Verschwoerungstheorien-ums-Coronavirus,zapp12316.html [14.02.2021]
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/qanon-faq-101.html [Stand: 14.02.2021]
Folgende Inhalte eignen sich für den Einsatz im Unterricht, um sich mit dem Thema Verschwörungserzählungen kritisch auseinanderzusetzen.
Informationen über Strategien und Kriterien zur Entlarvung von Fake News
Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Filterblase” mit Anregungen, wie Kinder, Jugendliche und Erwachsene damit umgehen können.
Qualitätskriterien für journalistische Arbeit
Der Beitrag befasst sich u. a. mit folgendne Fragen: Was sind Verschwörungserzähulungen? Wie verbreitet sind diese? Warum glauben Menschen an Verschwörungserzählungen?
Der Beitrag umreißt die Rolle sozialer Medien bei der Verbreitung von Fake News.