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Medienpädagogische Grundlagen für H5P

Mit H5P lassen sich interaktive Inhalte gestalten, die tiefgehende Lernprozesse und nachhaltiges Verständnis fördern. Dieser Artikel stellt zentrale Modelle (ICAP und CTML) vor, die den Einsatz von H5P medienpädagogisch begründen. Ergänzend schaffen Theorien zur kognitiven Entlastung, zu Feedback, Gamification und selbstgesteuertem Lernen eine fundierte Basis, H5P als Werkzeug für ein motivierendes und lernerzentriertes Lernen einzusetzen.

Das ICAP-Modell - so fördert H5P kognitive Aktivität

Das ICAP-Modell von Chi und Wylie (2014) beschreibt vier Ebenen der kognitiven Aktivität: passiv, aktiv, konstruktiv und interaktiv. Die Lernforschung zeigt, dass eine höhere Aktivitätsstufe zu einer intensiveren Auseinandersetzung und somit zu tieferem Verständnis führt. H5P bietet durch seine interaktiven Formate eine Vielzahl von Möglichkeiten, Lernende gezielt durch diese Aktivitätsstufen zu führen und kognitive Prozesse zu aktivieren.

ICAP - Interaktiv (vertiefte Elaboration, Wissensstrukturen aufbauen oder verfeinern), Konstruktiv (Wissen verfeinern, neues Wissen konstruieren), Aktiv (Integration in bestehende Schemata im Langzeitgedächtnis), Passiv (einfache Speicherungsprozesse)
Darstellung nach Chi & Wylie (2014)

Die Lernenden nehmen Informationen lediglich auf, ohne eigene Beiträge zu leisten oder mit den Inhalten zu interagieren. Inhalte werden präsentiert und die Lernenden bleiben äußerlich passiv. Beispiele hierfür sind das Anschauen eines Erklärvideos, das Anhören eines Podcasts, das Lesen eines Textes oder das Durchblättern einer Präsentation. In H5P können Formate wie „Course Presentation” oder ein einfaches Video ohne interaktive Elemente genutzt werden, um grundlegende Inhalte darzustellen, die für weiterführende Aufgaben nützlich sind.

Bei aktiver Beteiligung setzen sich die Schülerinnen und Schüler gezielt mit den Inhalten auseinander. H5P-Aktivitäten wie „Drag and Drop”-Aufgaben oder Multiple Choice-Quizze fördern die aktive Auseinandersetzung. Lernende verarbeiten Informationen, indem sie beispielsweise Inhalte zuordnen oder Quizfragen beantworten, wodurch das Verständnis vertieft wird.

Beispiele 1 und 2 selbst erstellt von Johanna Rank, AK „ByCS-Anwendungen in der unterrichtlichen Praxis”; bei der Erstellung der H5P-Aktivität in Beispiel 3 wurde am 20.01.2025 ChatGPT eingesetzt.

Auf der konstruktiven Ebene generieren Lernende neue Inhalte und setzen Informationen in eigene Zusammenhänge. Mithilfe von interaktiven Videos mit Reflexionsfragen oder Zeitstrahlen in H5P können Schülerinnen und Schüler Wissen selbstständig anwenden und ihr Verständnis weiter ausbauen. Eine Studie von Chi et al. (2014) belegt, dass das Generieren neuer Informationen nachhaltige Lerneffekte hat.

Ferner können Lernende eigene interaktive Videos oder andere H5P-Inhalte erstellen, um Themen zu strukturieren und zu präsentieren. Diese Aufgabenform stärkt das Verständnis und die Medienkompetenz, da Lernende Inhalte selbstständig aufbereiten​. Wie dies in der Praxis gelingen kann, erfahren Sie im folgenden Beitrag:

Ein konkretes Beispiel finden Sie im teachSHARE-Kurs von Tobias Krüger, in dem gezeigt wird, wie Lerngruppen nach der Absolvierung einer QR-Code-Bruchteil-Rallye (Mathematik, 6. Klasse) selbst eine eigene Rallye gestalten. Dabei erstellen die Lernenden eigenständig Materialien und QR-Codes, um das Gelernte anzuwenden und kreativ zu präsentieren.

Interaktives Lernen entsteht durch Austausch und gemeinsame Wissensgenerierung. Mit der H5P-Aktivität „Branching Scenario” können Schülerinnen und Schüler in Gruppen Entscheidungen treffen und unterschiedliche Szenarien durchlaufen, was kritisches Denken und Diskussionen fördert. Auch ein digitaler EduBreakout, bei dem Lernende in Teams interaktive Aufgaben lösen, eignet sich, um Wissen kollaborativ anzuwenden. Zusätzlich ermöglicht der Inhaltstyp „Course Presentation”, dass Lernende gemeinsam an interaktiven Präsentationen arbeiten, indem sie Inhalte und Reflexionspunkte gestalten und ordnen. Diese Formate stärken den Dialog und erweitern das Verständnis im gemeinsamen Lernprozess.

Ein konkretes Beispiel zur Förderung interaktiven Wissensaufbaus mithilfe eines Escape Rooms im Fach DaZ finden Sie auf ZUMApps.

Wenn Sie mehr über die Rolle von Lernaktivität und Verarbeitungstiefe im Lernprozess erfahren möchten, finden Sie weitere Informationen in folgendem Beitrag:

ICAP: Lernen als (inter)aktiver Prozess

Die Rolle von Lernaktivität und Verarbeitungstiefe im Lernprozess

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CTML - multimodales Lernen mit H5P

Mayers Cognitive Theory of Multimedia Learning (CTML) und die Studien von Mayer und Moreno (2003) verdeutlichen, dass interaktive Multimedia-Inhalte, die visuelle und auditive Reize kombinieren, besonders effektiv sind. Die CTML basiert auf dem Konzept der dualen Kodierung: Informationen werden sowohl über das visuelle als auch über das auditive System verarbeitet. Diese Kombination reduziert die kognitive Belastung, verbessert die Verarbeitungskapazität und stärkt die Verankerung im Gedächtnis. H5P bietet durch Aktivitäten wie interaktive Videos, Bilder mit Hotspots und Audiokomponenten einen Zugang zu multimodalem Lernen.

Darstellung des Zusammenhanges zwischen den drei Gedächtnisspeichern und der eingehenden multimedialen Botschaft (angelehnt an Mayer 2005)

Ein interaktives Video zur Reaktion von Kupfersulfat mit Eisen (siehe Beispiel „Reaktion von Kupfersulfat mit Eisen” auf ZUMApps) kombiniert beispielsweise visuelle Darstellungen mit gesprochenen Erklärungen. Laut Mayer und Moreno (2003) unterstützt diese Methode die Verarbeitung und das Merken von Inhalten. Durch die Nutzung von H5P können zusätzlich interaktive Fragen und Kommentare direkt in das Video integriert werden, wodurch die Aufmerksamkeit der Lernenden auf wichtige Details gelenkt wird. Diese gezielte Interaktion steigert das Verständnis der Reaktionsmechanismen und unterstützt das langfristige Merken der vermittelten Konzepte.

Tipps zur lernförderlichen Gestaltung von multimedialen Inhalten auf Grundlage lerntheoretischer Ansätze sowie Hinweise zur lernförderlichen Gestaltung von interaktiven Bildern und Videos finden Sie in den folgenden beiden Beiträgen:

Multimediales Lernen und kognitive Belastung

Tipps zur lernförderlichen Gestaltung von multimedialen Inhalten auf Grundlage lehr-lerntheoretischer Theorien

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Lernförderliche interaktive Inhalte

Bilder und Videos nicht nur betrachten, sondern lernförderlich mit ihnen interagieren

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Besserer Lernerfolg durch Feedback, Metakognition und selbstgesteuertes Lernen: Hatties Erkenntnisse

Die Studien von John Hattie zeigen, dass spezifische Unterrichtspraktiken wie Feedback, Metakognition und Selbststeuerung den Lernerfolg erheblich fördern. Diese Aspekte können mit H5P-Aktivitäten auf folgende Weise umgesetzt werden:

  • Feedback: H5P-Inhaltstypen wie „Advanced Fill the Blanks”, Multiple Choice-Quizze oder „Drag and Drop”-Aufgaben bieten unmittelbares Feedback, das Lernende zur Selbstkorrektur anregt. Das folgende Beispiel zeigt eine „Advanced fill the Blanks”-Aktivität zum Thema „past tenses in English” (Past und Present Perfect), bei der falsche Antworten automatisch mit erklärendem Feedback ergänzt werden, sodass typische Fehler korrigiert und das Verständnis vertieft werden kann.

Selbst erstellt am 19.01.2025 von Johanna Rank, AK „ByCS-Anwendungen in der unterrichtlichen Praxis”, unter Einsatz von ChatGPT.  

  • Metakognitive Strategien: Lernende können über Fortschrittsanzeigen in H5P ihren Lernstand reflektieren und überprüfen. Am Ende einer Lerneinheit kann eine interaktive Checkliste erstellt werden, die den Wissensstand strukturiert reflektiert und gezielt zur weiteren Selbstüberprüfung genutzt werden kann.

  • Selbstgesteuertes Lernen: H5P bietet mit Inhaltstypen wie „Branching Scenario”, „Course Presentation” und interaktiven Videos effektive Möglichkeiten, selbstgesteuertes Lernen zu fördern. Diese Formate ermöglichen es Lernenden, Inhalte im eigenen Tempo zu bearbeiten, gezielt zu wiederholen und mithilfe von Navigationselementen wie Sprungmarken oder Hotspots zusätzliche Erklärungen abzurufen. Ein Beispiel ist das folgende Branching Scenario „Das Haus der Vierecke“ auf ZUMApps, in dem Lernende eigenständig geometrische Konzepte erkunden, Entscheidungen treffen und bei Bedarf Abschnitte erneut durchlaufen können. Diese interaktiven Möglichkeiten unterstützen die Eigenverantwortung und ein nachhaltiges Verständnis.


Weiterführende Informationen über Hatties Studien erhalten Sie beispielsweise hier:

Gamification - Motivation und Engagement durch spielerische Elemente

Gamification bedeutet, spieltypische Elemente und Prinzipien auf Lernsituationen zu übertragen, um die Motivation und das Engagement der Lernenden zu steigern (Deterding et al., 2011). Im Bildungskontext zielt Gamification darauf ab, Lernprozesse durch interaktive Anreize ansprechender zu gestalten und Lernende zum aktiven Mitwirken zu motivieren. In der Lernplattform unterstützen verschiedene H5P-Aktivitäten diese Ansätze, indem sie Feedback, Entscheidungsfindung und Fortschrittsanzeige integrieren:

  • Sofortiges Feedback: H5P-Quizze und „Drag and Drop”-Aufgaben bieten den Lernenden unmittelbares Feedback zu ihren Antworten. Diese direkte Rückmeldung motiviert, da Schülerinnen und Schüler ihren Fortschritt sofort sehen und Korrekturen vornehmen können. Laut der Flow-Theorie von Csikszentmihalyi (1990) fördert diese Art von Rückmeldung den „Flow“-Zustand – einen optimalen Lernzustand, in dem die Anforderungen und Fähigkeiten der Lernenden im Gleichgewicht stehen. Ein solcher Flow-Zustand steigert Konzentration und Motivation.

  • Branching Scenario: Der H5P-Inhaltstyp „Branching Scenario” bietet Entscheidungsbäume, in denen Schülerinnen und Schüler durch verschiedene, verzweigte Szenarien navigieren. Jede Entscheidung führt zu einem anderen Verlauf, der Lernende zur Reflexion und kritischem Denken anregt. Durch diese aktive Entscheidungsfindung fühlen sich die Lernenden in den Lernprozess eingebunden und erleben ein exploratives Lernen, das ihrem Verständnis direktes Feedback gibt.

    Der Escape Room Matheforscher ist beispielsweise ein mit diesem Inhaltstyp produziertes interaktives Lernspiel für die Primarstufe. In diesem Lernspiel lösen Schülerinnen und Schüler verschiedene mathematische Rätsel und Aufgaben, um aus virtuellen Räumen zu entkommen. Dabei werden grundlegende mathematische Konzepte spielerisch vermittelt und das Problemlösungsdenken gefördert.

  • Fortschrittsanzeige innerhalb von H5P-Aktivitäten: In H5P-Formaten wie der „Course Presentation” und dem „Interactive Video” zeigt eine Fortschrittsanzeige, wie viel bereits bearbeitet wurde. Diese Transparenz ermöglicht den Lernenden eine klare Orientierung und Zielsetzung, die wiederum die Motivation erhöht und den Lernfortschritt sichtbarer macht.

Durch diese interaktiven Elemente der Gamification wird der Lernprozess für die Lernenden nicht nur greifbarer, sondern sie erleben ihn auch als anregender und belohnender, was ihre Motivation nachhaltig fördert.

Selbstbestimmtes Lernen und kognitive Entlastung durch H5P

Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan

Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1985) besagt, dass Lernende motivierter sind und erfolgreicher lernen, wenn sie Autonomie und Kontrolle über ihren Lernprozess haben. H5P unterstützt selbstbestimmtes Lernen, indem es flexible Formate anbietet, die Schülerinnen und Schülern ermöglichen, Inhalte eigenständig zu erarbeiten und individuelle Lernpfade zu wählen.

Ein Beispiel ist der Inhaltstyp „Course Presentation”, da Lernende hier frei zwischen verschiedenen Abschnitten navigieren können, um Themen in ihrem eigenen Tempo und in selbstgewählter Reihenfolge zu erkunden. Ebenso bietet das „Interactive Video” die Möglichkeit, bestimmte Kapitel gezielt anzusteuern oder zu wiederholen, was den Lernenden Kontrolle über den Lernfortschritt gibt und sie motiviert, den Inhalt nach Bedarf zu vertiefen.

Das interaktive Video „Frühstück – Wortschatz“ auf ZUMApps verdeutlicht beispielsweise, wie selbstbestimmtes Lernen im DaF/DaZ-Unterricht gefördert werden kann. Lernende erweitern ihren Wortschatz zu Frühstücksgewohnheiten und können durch eingebettete Fragen und Übungen den Lerninhalt individuell vertiefen. Die interaktiven Elemente bieten den Lernenden dabei die Möglichkeit, gezielt Antworten zu überprüfen und selbstbestimmt zu lernen.

Theorie der kognitiven Belastung

Die kognitive Belastungstheorie von Sweller (1988) legt nahe, dass gut strukturierte, visuell unterstützte Inhalte die kognitive Belastung reduzieren und so das Lernen erleichtern. In H5P wird dies beispielsweise durch Bilder mit Hotspots umgesetzt, die gezielte Informationen interaktiv einblenden und so komplexe Inhalte stufenweise zugänglich machen. Dies ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, sich auf relevante Details zu konzentrieren, ohne durch überladene Informationen überfordert zu werden.

Beispiel eines interaktiven Schaubilds mit Hotspots im Fach DaZ von ZUMApps.

Vertiefende Informationen zur Theorie der kognitiven Belastung erfahren Sie in dem bereits oben genannten Beitrag zu multimedialem Lernen und kognitiver Belastung:

Multimediales Lernen und kognitive Belastung

Tipps zur lernförderlichen Gestaltung von multimedialen Inhalten auf Grundlage lehr-lerntheoretischer Theorien

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Fazit

Durch die medienpädagogische Fundierung von H5P werden Lernprozesse geschaffen, die aktiv, konstruktiv und interaktiv gestaltet sind und die Motivation und das Verständnis der Lernenden nachhaltig fördern. Die Vielzahl an flexiblen Einsatzmöglichkeiten ermöglicht es Lehrkräften, Inhalte individuell anzupassen und gleichzeitig die Selbstständigkeit und Kreativität der Lernenden zu stärken.

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Eigene H5P-Inhalte erstellen

Hier finden Sie eine Anleitung, wie Sie eigene H5P-Inhalte Schritt für Schritt erstellen und für Ihre Schüler und Schülerinnen verfügbar machen können.

H5P-Interaktives Video

Der H5P-Inhaltstyp Interaktives Video ergänzt Videos um Fragen, Aufgaben, Lesezeichen und vieles mehr.

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