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Multimediales Lernen und kognitive Belastung - Theorie und Tipps

Kennen Sie das Gesicht von Schülerinnen und Schülern, wenn sie nur Bahnhof verstehen? Manche Inhalte sind komplex und schwierig zu erfassen. Umso wichtiger ist, dass man sie klar und verständlich aufbereitet. In diesem Beitrag erhalten Sie Empfehlungen für eine lernförderliche Gestaltung von Lernmaterialien nach Studien von Sweller und Mayer.

Theorie der kognitiven Belastung

John Sweller entwickelte 1988 die Cognitive Load Theory (CLT), auch bekannt als Theorie der kognitiven Belastung. Diese Theorie beschäftigt sich damit, wie Lernprozesse am besten an das menschliche Gedächtnissystem und die Informationsverarbeitungsprozesse angepasst werden können, um ein effektives Lernen zu ermöglichen. Die CLT ist empirisch gut belegt.

Grundlage der Theorie ist das Zusammenwirken zwischen Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis. Das Ziel im Lernprozess ist dabei, die Bedingungen so zu gestalten, dass Informationen im Langzeitgedächtnis gespeichert werden können. Damit das gelingt, ist kognitive Anstrengung notwendig.

Grenzen des Arbeitsgedächtnisses

Das Arbeitsgedächtnis unterliegt zwei Beschränkungen, die durch zahlreiche Studien belegt sind. Betroffen ist zum einen der Umfang der zu verarbeitenden Informationen, zum anderen die Dauer der Speicherung.

  • Informationsmenge: Jüngere Studien belegen, dass 2-4 bzw. 3-5 Informationen zeitgleich verarbeitet werden können.

  • Verweildauer: Sofern die verarbeiteten Informationen nicht wiederholt werden, gehen die Inhalte des Arbeitsgedächtnisses nach 20-30 Sekunden verloren.

Das Ziel eines Lernprozesses ist die dauerhafte Speicherung von Informationen im Langzeitgedächtnis. Das Wissen wird dort allerdings nicht einfach abgelegt, sondern in kognitive Strukturen (Schemata) eingefügt. Wissen zu erwerben bedeutet, Schemata im Langzeitgedächtnis zu konstruieren, zu erweitern oder umzustrukturieren.

Das „Herz” der Theorie

Sweller geht von drei verschiedenen Arten der kognitiven Belastung aus, die sich auf den Lernprozess auswirken. Die Belastungen wirken dabei gleichzeitig, d. h. sie sind additiv. Lehrkräfte können unmittelbar Einfluss auf den Lernprozess nehmen, indem unerwünschte Faktoren reduziert und erwünschte erhöht werden.

Bilder unterhalb dieses Akkordeons ändern sich je nach offenem Akkordeon Eintrag.

Klicken Sie sich durch die drei Belastungsarten und erfahren Sie, wie sie sich auf das Lernen auswirken!

Die intrinsische kognitive Belastung bezieht sich auf das Lernmaterial selbst und hängt vom Schwierigkeitsgrad, der Komplexität und dem Umfang des Materials ab.

Das Vorwissen und die Erfahrungen der Lernenden spielen dabei eine wichtige Rolle.

Nur durch die aktive Beschäftigung mit den neuen Lerninhalten verknüpfen Lernende Neues mit Vorwissen. Daher sollte die lernrelevante kognitive Belastung möglichst hoch ausfallen.

Das Abspeichern von Informationen in Schemata des Langzeitgedächtnisses ist mit Anstrengung verbunden: Die anderen beiden Belastungsfaktoren sollten daher möglichst gering ausfallen!

Die sachfremde kognitive Belastung (extraneous cognitive Load) bezieht sich auf die Gestaltung des Lernmaterials und auf die Lernumgebung. Bei der Gestaltung des Lernmaterials gilt: Weniger ist mehr! Sind zu viele (irrelevante) Informationen enthalten, ist der Lernende zu sehr damit beschäftigt, die für ihn relevanten Informationen herauszufiltern. Außerdem ist auf eine ruhige Lernumgebung zu achten, in der sich der Lernende konzentrieren kann.

Theorie des multimedialen Lernens

Richard E. Mayer entwickelte die Cognitive Theory of Multimedia Learning (CTML) bzw. die Kognitive Theorie multimedialen Lernens. Dieses Modell erklärt die Verarbeitung von Informationen im Gedächtnis und gibt damit einige wichtige Hinweise zur Gestaltung von Lernmaterialien. Eine Grundannahme der CTML, die relevant ist für die Darbietung von Informationen für Lernende, ist, dass es zwei Kanäle für die Informationsverarbeitung gibt:

  •  einen Kanal für visuell oder bildhaft präsentiertes Informationsmaterial (beispielsweise gesprochene/gedruckte Sätze oder Bilder/Animationen/Videos)

  •  einen Kanal für auditiv oder verbales Material

Darstellung des Zusammenhanges zwischen den drei Gedächtnisspeichern und der eingehenden multimedialen Botschaft (angelehnt an Mayer 2005)

Designeffekte in multimedialen Lernumgebungen

Richard E. Mayer und sein Forschungsteam haben in verschiedenen Untersuchungen eine Reihe von Eigenschaften identifiziert, die eine gelungene Kombination von Text und Bildern in multimedialen Lernumgebungen auszeichnen. Basierend auf diesen Erkenntnissen haben sie wesentliche Prinzipien für multimediales Lernen zusammengefasst.

  1. Multimediaeffekt: „Text + Bild”
    Die Kombination aus Text und Bild ist lernförderlicher als die Präsentation von nur Text oder nur Bild allein.

  2. Kontiguitätseffekt: „räumliche Nähe”
    Erläuternder Text sollte in größtmöglicher räumlicher Nähe zu visuellen Elementen platziert werden (etwa Beschriftungen genau an der Stelle einer Grafik, auf die sie sich bezieht). Bei audiovisuellen Medien sollte zudem eine zeitliche Nähe eingehalten werden. Dadurch wird der sogenannte Split-Attention-Effekt („geteilte Aufmerksamkeit”) vermieden.

  3. Kohärenzeffekt: „weniger ist mehr”
    Auf nicht notwendige Töne, Bilder oder Wörter sollte verzichtet werden, damit das Arbeitsgedächtnis nicht überbelastet wird. Inhalte, die nur als Schmuck oder der Unterhaltung dienen, könnten vom eigentlichen Lerninhalt ablenken. Allerdings sind mögliche motivatorische Effekte dabei nicht berücksichtigt.

  4. Modalitätseffekt: „Bild + Audio”
    Lernende nehmen Informationen besser auf, wenn Grafiken und Animationen mit gesprochenen Erläuterungen dargeboten werden. Sie sind lernförderlicher als geschriebene Erläuterungen, weil hier zwei verschiedene Kanäle bedient werden (siehe CTML).

  5. Redundanzeffekt: „einmal genügt”
    Bei der Darbietung von Informationen sind Doppelungen zu vermeiden, um das Arbeitsgedächtnis nicht unnötig zu belasten. Eine Darbietung derselben Information mit gesprochenem und geschriebenem Text (z. B. bei Präsentationen) ist nicht lernförderlich. Bei Filmen sollte der gesprochene Text nur dann zusätzlich eingeblendet werden, wenn dies aus Gründen der Barrierefreiheit angebracht ist.

  6. Signalisierungseffekt: „Wichtiges hervorheben”
    Wichtiges sollte durch Hervorhebungen klar herausgestellt werden. Durch visuelle oder auditive Hinweise wird die Aufmerksamkeit der Lernenden im Lernprozess gezielt gelenkt.

Als weiterer wichtiger Faktor könnte die Personalisierung genannt werden. Damit ist die direkte Ansprache der Lernenden und die Anpassung der Inhalte, Beispiele und Aufgaben auf deren Bedürfnisse und Interessen gemeint. Obwohl es nicht explizit von Mayer erwähnt wurde, wird die Personalisierung oft als eine effektive Methode angesehen, um das Engagement und die Motivation der Lernenden zu steigern und das Lernen effektiver zu gestalten.

Zur Veranschaulichung dieser Prinzipien anhand konkreter Beispiele empfehlen wir Ihnen die Lektüre der folgenden Beiträge:

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