Digitale Orte der Selbstinszenierung
Der Beitrag beleuchtet das Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen, stellt Nutzertypologien vor und gibt einen Überblick über die unter Jugendlichen beliebtesten Plattformen und Apps.
Die Ausgestaltung des Selbstbildes ist ein wichtiger Prozess in der psychischen Entwicklung eines Kindes. Dabei spielen Vorbilder eine nicht wesentliche Rolle.
Gerade in Bezug auf ihr Aussehen und damit die Darstellung ihrer Persönlichkeit nach außen, haben die Jungen und Mädchen neben den Peers auch Influencer als Vorbilder. Sie entwickeln dabei zunehmend einen Perfektionsdrang, um möglichst viele Likes für ihrer Ansicht nach „perfekten“ Bilder zu erhalten.
Unterrichtsbeispiele für die Pirmar- und Sekundarstufe finden Sie unter folgenden Links:
Zunächst spielen vor allem Eltern, Geschwister oder Erzieherinnen und Erzieher eine essenzielle Rolle, wenn Kinder und Jugendliche während des Heranwachsens an der Entstehung ihres Selbstbildes arbeiten. Sie geben dem Kind Orientierung auf dem Weg der Selbstfindung, bei Fragen nach dem Umgang mit Gefühlen, mit anderen Menschen, dem eigenen Körper und vielen anderen äußeren Einflüssen.
Wenn die Kinder älter werden, besonders während der Pubertät, werden oft berühmte und manchmal auch fiktive Personen als Vorbilder gewählt. Indem die Jugendlichen diese nachahmen, versuchen sie die eigenen Schwächen auszugleichen und Sicherheit im Umgang mit der Welt zu erlangen.
Wo früher in erster Linie Familienmitglieder, Freunde oder Mitglieder der Schulgemeinschaft, sowie vereinzelt Idole aus Sport, Film, Musik als Vorbilder für Kinder und Jugendlichen zur Verfügung standen, liefern heute digitale soziale Medien wie Youtube, Instagram oder Snapchat ununterbrochen neue mediale Einflüsse auf die Smartphones und Tablets der Heranwachsenden.
Die in den sozialen Medien zur Schau gestellte Selbstinszenierung von Peers und im Besonderen von Influencerinnen und Influencern erschwert für Kinder und Jugendliche die Entwicklung ihres Selbstbildes, da die medial vermittelten Vorbilder in der Art und Weise als auch in der Perfektion der Darstellung für die Jugendlichen nicht realisierbar sind.
„Als Vorbilder bzw. Rollenvorbilder werden in der Psychologie Menschen bezeichnet, an denen sich vor allem Kinder und Jugendliche orientieren und dessen Denk- und Verhaltensweisen sie in der Sozialisation übernehmen, wobei diese sich mit dieser Person oft identifizieren oder diese bewundern. [...]” (Stangl, 2022).
„Unter Selbstbild versteht man in der Psychologie das Bild von sich selbst von seiner Persönlichkeit, wobei dieses Selbstbild durch Erlebnisse und Erfahrungen in der Kindheit, vor allem in den ersten sieben Lebensjahren, geformt worden ist. [...]” (Stangl, 2022).
Verschiedene Studien zum Einfluss von Influencerinnen und Influencern auf die Entwicklung des Selbstbildes junger Menschen finden Probleme, die sich aus dem Einfluss der inszenierten Darstellung auf das Selbstbild der Heranwachsenden ergeben. Bspw. kann die gesteigerte Kritik an der eigenen körperlichen Erscheinung, die durch die wiederholte Betrachtung von Darstellungen extrem sportlicher und vermeintlich perfekter Körper entstehen, sich darin äußern, dass Kinder und Jugendliche beginnen diese inszenierte Wirklichkeit als natürlich und richtig wahrzunehmen. Dies kann in der Folge dann zu problematischen Verhaltensweisen wie extremer Ernährungsumstellung oder exzessiven Sport führen. Ziel ist es, das medial vermittelte Ideal zu erreichen und sei es durch entsprechende digitale Bearbeitung eigener Bilder.
Besonders zu beachten ist dabei das Spannungsfeld zwischen vermeintlicher Authentizität und Nahbarkeit auf der einen Seite und professioneller Vermarktung der eigenen Marke auf der anderen Seite. Dieses Spannungsfeld ist insbesondere bei Influencerinnen und Influencern häufig zu beobachten.
... meint hier die absichtliche Inszenierung in alltäglichen „ganz normalen” Situationen. Influencerinnen und Influencer stellen sich selbst oft bewusst in alltäglichen Situationen, oder in einer häuslichen Umgebung dar, um den Eindruck von Spontanität und einer damit verbundenen Echtheit zu erwecken. Dahinter steckt die Intention, nahbar und zugänglich auf ihr Publikum zu wirken, um dieses noch intensiver an sich selbst zu binden.
... stellen eine parasoziale Interaktion zwischen Heranwachsenden und Influencerinnen bzw. Influencern her, das heißt die Jugendlichen setzen sich einseitig in Beziehung zu den Akteurinnen und Akteuren, denen sie folgen. Diese ersatzweise soziale Verhaltensweise kann in einer parasozialen Beziehung enden, wobei die Beziehung typischerweise imaginär bleibt und keine Gegenseitigkeit stattfindet. In der Folge werden Online-Stars als Freunde oder Freundinnen wahrgenommen und als Vorbild angenommen. Sie bieten den Kindern und Jugendlichen Orientierung in sozialen Fragen und vermitteln Werte und Prinzipien, ob sie es darauf anlegen oder nicht.
Als problematisch erweist sich dabei zum einen, dass die jungen Medienkonsumentinnen und -konsumenten nur zum Teil wahrnehmen, dass die, die sie als virtuelle Freundin oder virtuellen Freund betrachten, zugleich oftmals Werbefigur oder Unternehmerin bzw. Unternehmer sind, die handfeste kommerzielle Interessen vertreten.
Zum anderen besteht für Influencerinnen und Influencer die kommerzielle Notwendigkeit der Selbstvermarktung oder des Personal Brandings, also der bewussten Ausgestaltung des eigenen Online-Auftritts zur Marke. Dafür ist eine professionelle Inszenierung eines Bildes, das natürlich und spontan wirken soll, nötig. Heranwachsende erhalten so oft ein falsches oder gar schädliches Vorbild.
Influncerinnen und Influencer, sind „Personen, die aufgrund ihres digitalen Netzwerks, ihrer Persönlichkeitsstärke, einer bestimmten Themenkompetenz und kommunikativen Aktivität eine zugesprochene Glaubwürdigkeit für bestimmte Themen besitzen und diese einer breiten Personengruppe zugänglich machen.”
Schach, Annika, 2018, Botschafter, Blogger, Influencer: Eine definitorische Einordnung aus der Perspektive der Public Relations, S. 31
Im Jugendalter beginnen sich Heranwachsende zunehmend von der eigenen Familie zu lösen und wenden sich mehr und mehr ihrer Peergroup zu, vor allem wenn es um Fragen der sozialen Orientierung oder Wertefindung geht. Waren früher die Nachbarschaft, die Schule, Vereine o.Ä. die Orte, an denen sich Peergroups bildeten und Freundschaften entstanden und gepflegt wurden, spielen heute zunehmend soziale Medien und andere internetbasierte Angebote eine Rolle, zumindest bei der Pflege, aber auch bei der Entstehung entsprechender Netzwerke.
Neben der Kommunikation über Messenger-Dienste sind es vor allem Social Media Angebote wie Instagram, TikTok oder Snapchat, die Jugendliche nutzen. Sie nutzen diese unter anderem, um sich selbst auszudrücken. Dabei lernen Sie immer mehr, sich selbst zu inszenieren und ein Bild von sich zu vermitteln, das darauf optimiert ist, zu gefallen und zu beeindrucken. Hinzu kommt, dass alle Social Media Anbieter nach den Prinzipien des Behavioural Design arbeiten. Die Dienste belohnen mediale Beiträge wie Bilder oder Videos und Kommentare durch Likes, Hearts, o.Ä.. Dadurch werden Erfolgserlebnisse erzeugt, die das Belohnungssystem des Gehirns ansprechen.
In der Folge entstehen Inszenierungen, die nicht authentisch und echt sind, aber trotzdem für die anderen Mitglieder der Peergroup Vorbildcharakter haben können.
Die „peers“ sind die „Gleichen“, diejenigen, die einander an sozialem Rang ebenbürtig sind. Im Zusammenhang von „peer-group“ und „peer-culture“ ist dann meistens die Altersgleichheit angesprochen, und zwar jene Gleichaltrigkeit, die subjektiv und sozial relevant wird.
Im Allgemeinen bezeichnet eine Peergroup eine soziale Gruppe von gleichaltrigen, gleichartigen oder gleichgesinnten Personen. Die Peergroup stellt in der Regel einen wichtigen Erfahrungsraum von Kindern und Jugendlichen dar, in dem Lern-, Bildungs- und Sozialisationsprozesse stattfinden.
Die Begriffe Peer und Peergroup beinhalten nicht notwendigerweise eine freundschafltliche Komponente. So ist ein Peer nicht immer auch eine befreundete Person, die Peergroup ist nicht zwingend gleich dem Freundeskreis oder der Clique zu setzen.
Der Beitrag beleuchtet das Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen, stellt Nutzertypologien vor und gibt einen Überblick über die unter Jugendlichen beliebtesten Plattformen und Apps.
Hier finden sie Hinweise auf Unterrichtsmaterialien und Online-Angebote für die Primarstufe.
Hier finden sie Hinweise auf Unterrichtsmaterialien und Online-Angebote für die Sekundarstufe.
Kennzeichen der Selbstinszenierung Jugendlicher und geschlechtsspezifische Besonderheiten
Der Beitrag beleuchte Gefahren bei der Selbstinszenierung in sozialen Medien im Kontext von Unterricht und Schule und nennt Hilfsangebote.
Die Selbstinszenierung Jugendlicher im Netz berührt juristische Felder wie Datenschutz, Urheberrecht und das Recht am eigenen Bild. Lesen Sie mehr!