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Zuhören üben in Grund- und Förderschule

Lehrkräfte kennen das: Viele Kinder sind nicht in der Lage mündliche Anweisungen zu verstehen, obwohl keine Gehörschädigung vorliegt. Sie können akustische Reize nur unvollständig verarbeiten und Wichtiges nicht von Unwichtigem unterscheiden. Arbeitsaufträge werden nur teilweise, in falscher Reihenfolge oder gar nicht ausgeführt. Was mündlich besprochen wurde ist nicht abrufbar. Dadurch treten Probleme auf oder bestehende verstärken sich.

Die Psychologin Margarete Imhof hat sich mit dem Thema Zuhören intensiv befasst und erforscht gesamtgesellschaftlich Zusammenhänge und Faktoren. „Zuhören ist so wichtig wie sprechen“, ist der Titel eines Interviews mit SWR2. Imhof weist darauf hin, dass wir heute anders zuhören als früher. Unsere Aufmerksamkeitsspannen sind kürzer und unsere eigenständige Intensität das Gehörte aufzunehmen ist geringer. 

Female ear close-up. Copy space. Torn paper, blue background.

Zuhören kann man lernen

Und Lernen erfordert Zuhören. Zunächst müssen die Rahmenbedingungen stimmen:

Hintergrundgeräusche gilt es zu reduzieren und die Aufmerksamkeit zu sammeln. Auch nonverbale Kommunikation spielt eine wichtige Rolle wie Augenkontakt, Körperhaltung, Gestik, Mimik oder der Klang der Stimme.

Rituale wie eine Ohrenmassage (denn dort befinden sich zahlreiche Akkupunkturpunkte) und spielerische Übungen wie das Lauschen auf ganz bestimmte Geräusche oder Töne oder die gute alte „Stille Post“ unterstützen den Vorgang und machen Spaß. Auch im Vorschulbereich kann schon viel geübt werden. Sanfte Klänge wirken beruhigend und unterstützen bewusste Entspannungsprozesse. Alarmsignale dagegen sollten uns auf der Stelle hellwach machen. Heute sind dies häufig Geräusche aus dem Straßenverkehr und nicht mehr gefährliche Raubtiere.

Das Vorlesen von Geschichten durch Eltern oder Lehrkräfte bedeutet zusätzlich persönliche Zuwendung und der Gedanke daran weckt wohl in vielen von uns wunderbare Kindheitserinnerungen.

Audiodateien kommen unterstützend zum Einsatz. Sie sind individuell auswählbar und können mehrfach gehört oder zwischendurch angehalten werden. Durch Fragen zu Inhalt und Gehalt des Gehörten wird das Behalten erhöht.

Aber wie lernt man denn Zuhören? 

Margarete Imhof beschreibt die Schlüsselkompetenz „Zuhören“als eine anspruchsvolle Aktivität. Dieser mehrstufige Prozess ist nur zum Teil beobachtbar, da sich wesentliche Prozesse mental abspielen. Die folgenden Schritte sind eine Entwicklungsaufgabe für die Grundschulzeit, die der Unterstützung bedarf. (Imhof, 2016, S.10 ff.)

Das Kind entwickelt zunächst die Absicht zum Zuhören. Es will bspw. das Ende einer Geschichte erfahren, sich gruseln, mit Figuren Empathie zeigen oder es ist einfach neugierig.

Aus einer Fülle von Signalen wählt das Kind diejenigen aus, die für die Aufgabe wichtig sind. Erschwerend wirkt, dass die dafür notwendigen Grundlagen, der Wortschatz und die vielfältigen Wortbedeutungen, bei den Kindern unterschiedlich ausgebildet sind. Auch die Aufmerksamkeitsspanne ist eine relevante Komponente, die bei dieser Altersgruppe in der Entwicklung ist.

Die Kinder müssen sich die Anweisungen in einer bestimmten Reihenfolge merken bis die Aufgabe erledigt ist. In der Psychologie spricht man bei diesem Prozess vom „Arbeitsgedächtnis“. Dieses wird durch klare Strukturen und Hinweise auf das Wesentliche entlastet. In diesem Schritt müssen Aussagen überprüft, geordnet und eventuell verworfen werden.

Sollen die Informationen im Langzeitgedächtnis gespeichert werden, müssen sie aktiv vernetzt werden. Günstig ist, wenn neues Wissen aktiv mit vorhandenem verknüpft wird oder zusätzlich ein Bild oder eine positive Emotion damit verbunden sind. Für das Erinnern sind Zusammenfassungen in eigenen Worten oder die Anwendung des Gehörten auf eine andere Modalität hilfreich.

© istock.com/Tatiana

Zuhörprozess in vier Schritten

Grundschule Deutsch 52 | 2016 © Friedrich Verlag

Ideen und Material

In den folgenden Abschnitten finden Sie ausgewählte Informationen, Webseiten, Projekte und Unterrichtsbeispiele zur Förderung des Hörverstehens im Unterricht.

Die Stiftung Zuhören

Das Ziel der Stiftung ist die Förderung der Kulturtechnik und der Medienkompetenz „Zuhören“. Angebote gibt es für den Elementar- und Grundschulbereich sowie für Jugendliche. Für diese Altersgruppen bietet die Stiftung Material (auch mit Fortbildungen) und Projekte an.

Auf der Webseite finden sich unter „Zuhör-Wissen“ Erklärvideosfür den schnellen Einstieg in das Thema sowie weiterführende, vertiefende Literatur. Dort gibt es auch ein Soundarchiv, mit einer Auswahl an kostenlosen Musikstücken und Geräuschen zum Download. Regelmäßig wird ein Hörmedium des Monatsangeboten. Die Info und Arbeitsblätter dazu sind kostenlos, die CD muss käuflich erworben werden.

Ausgewählte Angebote der Stiftung Zuhören:

Diese bietet für Lehrkräfte Anregungen, wie man Schülerinnen und Schüler für neue Musik begeistern kann, indem sie selbst Musik produzieren. Über spielerische Hörübungen und Klangexperimente gelangen die Kinder zu einer eigenen kleinen Komposition.

Hier handelt es sich um ein Projekt für die Jahrgangsstufen drei bis sechs, bei dem die Grundregeln des Zuhörens spielerisch geübt werden. Zudem erfahren die Kinder, wie Radio funktioniert und gestalten schließlich selbst kurze Hörstücke. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite (siehe rechte Spalte).

Das Ziel ist eine bewusstere Wahrnehmung der Bedeutung des Zuhörens im schulischen Kontext zu fördern und damit mehr Ruhe, eine vielfältigere Methodennutzung und eine aufmerksamere Atmosphäre zu bewirken, was auch Medienkompetenz steigern soll.

Hörclubs werden in Schulen klassischerweise als AG angeboten. Sie sind jedoch auch sehr gut als Teil des Unterrichtsalltags einzusetzen: Unter Leitung einer Lehrkraft spielen die Schülerinnen und Schüler Zuhörspiele, lauschen auf Geräusche und Klänge, lernen ihre Stimme kennen und machen eigene Aufnahmen. Im Mittelpunkt steht das gemeinsame Anhören von Hörspielen. Die Eindrücke und Bilder, die dabei entstehen, reflektieren die Kinder anschließend durch Gespräche, bildnerisches Gestalten, Rollenspiele oder eigene kleine akustische Produktionen. Fortgeschrittene Hörclubs produzieren sogar eigene Hörspiele.

Die Schwerpunkte der Hörclubs verschieben sich je nach Alter der Kinder und ihren Bedürfnissen: In den Jahrgangsstufen eins bis vier genießen Schülerinnen und Schüler das Zuhören ohne Leistungsdruck. In den Jahrgangsstufen fünf und sechs wird das Produzieren eigener Hörstücke immer wichtiger. Und Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gibt der Hörclub Gelegenheit zur Entfaltung von Talenten.

Erstellt von Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf: Nicht nur die Zuhörkompetenz wird gestärkt. Hörclubs bieten allen Lernenden die Gelegenheit, Talente und Fähigkeiten zu entdecken und einzusetzen, die im Unterricht oft nicht zur Geltung kommen können. Manche haben wohlklingende Stimmen, denen man gerne zuhört, andere sind geschickt im Umgang mit Aufnahmegeräten oder beim Audioschnitt. Einige sind voller Fantasie und erfinden spannende Geschichten oder sind einfallsreich, wenn es gilt, Geräusche selbst herzustellen.

Die Radiofüchse – Das interkulturelle Kindermedienprojekt

Seit 2005 betreibt der Verein für stadtteilbezogene milieunahe Erziehungshilfen (SME e.V) das Projekt Radiofüchse als interkulturelles Medienprojekt für Kinder, mit dem Ziel Podcasts von Kindern für Kinder zu gestalten.

Die Themen sind vielfältig: Aktuelles, Umwelt, Tiere, Sehenswürdigkeiten, Geschichten, Andere Länder, Umgang mit Medien u.v.m. Viele Hörbeiträge gibt es auch als Podcasts bei Spotify, bei Apple Podcast und in kostenlosen Podcast Apps fürs Handy.

Die Ziele des Projekts Radiofüchse:

  • Medienkompetenz fördern

  • Medien selbst gestalten

  • Sich einmischen und mitreden

  • Kulturelle Vielfalt und Inklusion

  • Medienbildung im Unterricht

Mitmachen können Kinder im Alter von acht bis 12 Jahren. Es werden auch Schulkurse in Kooperation mit Grundschulen durchgeführt.

Diese Webseite bietet kostenlose Audiodateien, die sich dazu eignen das Hörverstehen mit Kindern zu üben. 

  Mehr zum Thema

Unterrichtsmaterial

TeachSHARE Kurse

Hören lernen mit Märchen/ Schildbürgern/ Gulliver

Kurze Beschreibung:
Die folgenden drei Kurse dienen der Übung des Hörverstehens in der Grundschule. Die Schüler und Schülerinnen hören 2-8 Minuten lange Geschichten und beantworten im Anschluss interaktiv Fragen zu Inhalt und Gehalt. Ein mehrfaches Anhören ist möglich und erwünscht.

Hören lernen mit Märchen
Dauer: Dauer 1-2 Schulstunden
Art: TeachSHARE Kurs

Hören lernen mit den Schildbürgern
Dauer: Dauer 1-2 Schulstunden
Art: TeachSHARE Kurs

Hören lernen mit Gulliver
Dauer: Dauer 1-2 Schulstunden
Art: TeachSHARE Kurs

Fabeln/Sachtexte hören und verstehen

Kurze Beschreibung:
Kurse um das Hörverstehen anhand von Fabeln/ Sachtexten zu trainieren. Zu jedem Hörtext gibt es interaktive Aufgaben zu den Bereichen – Vor dem Hören – Während des Hörens – Nach dem Hören.

Fabeln hören und verstehen
Dauer: Mehrere Schulstunden
Art: TeachSHARE Kurs

Sachtexte hören und verstehen
Dauer: Mehrere Schulstunden
Art: TeachSHARE Kurs

© istock.com/Serhii Sereda

 Mehr zum Thema

Der Lehrpan Plus
Zuhören lernen – Illustrierende Aufgabe zum LehrplanPlus

Weiterführende Webseiten

  • Labbé Labbé: Märchen und Geschichten zum Lesen und Hören (kostenlos)
  • Experimente Haus der kleinen Forscher: Experimente rund um das Thema „Hören”
  • Geräusche selbst machen So geht Medien: Grundschule mit Team Timster - Selbst Geräusche erzeugen und aufnehmen

Zeitschrift: Grundschule Deutsch

In dieser Ausgabe finden Sie Hintergrundinformationen, Tipps und Unterrichtsbeispiele.

Arbeitskreis am ISB „Zuhören- Strategien und Materialien für den Präsenz- und Distanzunterricht” 

Leitung: Wolf Stahl

Der Arbeitskreis entwickelt für den LehrplanPLUS Aufgabenbeispiele und digitale Lernaufgaben zum Thema „Zuhören” im Rahmen des Lehrplaninformationssystem (LIS). Zusätzlich werden Fortbildungen angeboten. Das erarbeitete Material steht in einem Padlet zur Verfügung (Passwort: Eswareinmal)

Literatur und Links

ALP Dillingen: 1. Hören. DaZ Spracherwerb und Integration. https://daz.alp.dillingen.de/index.php/grundlagen/wie-koennen-wir-die-schueler-unterrichten/54-hoeren [05.07.2022].

Dierks Hildegard: Hören und Zuhören – Hörbildung für Kinder. Lernando. https://www.lernando.de/magazin/341/Hoeren-und-Zuhoeren-Hoerbildung-fuer-Kinder [05.07.2022].

hoppsala for family: Wie Kinder das Zuhören lernen. http://www.hoppsala.de/index.php?menueID=193&contentID=1894 [05.07.2022].

Imhof, Margarete (2016): Schlüsselkompetenz Zuhören. In: Grundschule Deutsch 52 (2016), S.10 ff.

Imhof, Margarete (2020): Zuhören ist so wichtig wie sprechen. Sendung vom 28.03.2020 17.05 Uhr. SWR2 Zeitgenossen. SWR2. https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/swr2-zeitgenossen-2020-03-28-100.html [05.07.2022].

Radiofüchse: https://www.radiofuechse.de [05.07.2022].

Referendariat (2029): Schülerinnen und Schüler zum Zuhören animieren. Im Unterricht ganz Ohr sein. Cornelsen Referendariat, 06.08.2019. https://www.cornelsen.de/magazin/beitraege/schuelerinnen-und-schueler-zum-zuhoeren-animieren [05.07.2022].

Stiftung Zuhören: https://www.stiftung-zuhoeren.de [05.07.2022].

© istock.com/JuliarStudio

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