Gezeichnete Meinung
Schritt für Schritt und zunehmend eigenständig zur Karikaturanalyse - umgesetzt am Beispiel von Wahlplakaten aus der Weimarer Republik
„Film ab und losgelernt!” - Funktioniert das? Dass Lernen ein aktiver Prozess ist, weiß jede Lehrkraft. Die Ergebnisse der Studie von Chi und Wylie (2014) belegen jedoch die Vorteile von interaktiven und konstruktiven Lernaktivitäten. Warum das so ist, was dabei beachtet werden sollte und wie Sie das konkret im Unterricht umsetzen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Mit dem ICAP-Modell stellen Chi und Wylie (2014) eine leicht nachvollziehbare Hypothese zu Lernaktivitäten auf. Dabei definieren sie vier Arten von Lernaktivitäten und bewerten deren Wirksamkeit im Lernprozess. Die Hypothese wird im Rahmen einer Studie bestätigt.
Lernen wird als aktiver Prozess beschrieben. In diesem Prozess verknüpfen Lernende neue Lerninhalte mit bestehenden Wissensstrukturen. Wie gut das gelingt, hängt unter anderem von zwei zentralen Faktoren ab:
Vorwissen
Verarbeitungstiefe
Das Vorwissen der Schülerinnen und Schüler kann die Lehrkraft natürlich nicht direkt beeinflussen. Sie kann es bei der Auswahl der Lernaktivitäten jedoch berücksichtigen. Das ICAP-Modell definiert die folgenden Möglichkeiten:
Als Lehrkraft können Sie durch die Förderung von konstruktiv-interaktiven Lernaktivitäten tiefergehende kognitive Lernprozesse bei Ihren Schülerinnen und Schülern auslösen. Passive und aktive Aktivitäten hingegen führen eher zu weniger tiefgehenden Lernprozessen.
Konstruktiv-interaktive Lernaktivitäten regen die Lernenden dazu an, sich aktiv mit Lerninhalten auseinanderzusetzen und Wissensbausteine zu vernetzen. Der Grad an Eigenaktivität bei den Lernenden erhöht demnach die Wahrscheinlichkeit für eine langfristige Speicherung und ein tieferes Verständnis.
Unter den konstruktiv-interaktiven Aktivitäten haben sich in wissenschaftlichen Studien als besonders lernförderlich erwiesen:
das Erklären (auch das eigenständige Erklären von vorgelegten Lösungsschritten)
das Fragestellen (wenn Fragen zum Nachdenken animieren und nicht zur Reproduktion von Faktenwissen)
das Argumentieren (Begründen eigener Behauptungen und Reagieren mit Gegenargumenten)
das Feedback geben (wenn es von der Lehrkraft gut angeleitet ist und insbesondere wenn es sich auf den Lernprozess bezieht)
Die vier Qualitätsstufen des ICAP-Modells bauen nicht linear aufeinander auf. Guter Unterricht sollte jeweils die passende Stufen von Lernaktivitäten beinhalten.
Wenn Lernende kaum über Vorwissen verfügen, an das sie anknüpfen können, ist der Einsatz von niederschwelligen Lernaktivitäten (passiv/aktiv) sinnvoller. Die Lernenden müssen hier zunächst die Wissensstrukturen aufbauen, die ihnen als Grundlage für eine vertiefte Auseinandersetzung dienen.
Unstrukturierte kooperative Lernformen haben sich in Studien nicht als lernförderlich erwiesen. Beim Einsatz von konstruktiv-interaktiven Lernaktivitäten empfiehlt es sich daher, den Lernenden eine klare Struktur an die Hand zu geben und sie im Lernprozess zu unterstützen. Nur dann kommen die positiven Effekte dieser Lernaktivitäten zum Tragen.
Die Schülerinnen und Schüler arbeiten gemeinsam als Team an einer komplexen Aufgabe, um die neuen Lerninhalte aktiv und praktisch anzuwenden und zu diskutieren. Indem sich die Lernenden auf Gedanken anderer einlassen und darauf reagieren, entstehen neue, eigene Ideen. Dadurch verstehen und verinnerlichen sie die Lerninhalte noch besser.
Beispiele: gemeinsam ein Lernplakat oder ein E-Book erstellen, einen Kurzvortrag vorbereiten, eine Erklärung als Audio-Datei oder ein Erklärvideo aufnehmen
Unterrichtsidee: Die Nachrichtensendung
Um neues Wissen zu erlangen oder bestehendes Wissen zu vertiefen, müssen Schülerinnen und Schüler aktiv und kreativ werden. Dies kann etwa durch das Erstellen eigener Visualisierungen und das Herstellen von Zusammenhängen zwischen verschiedenen Begriffen erreicht werden.
Beispiele: selbst Quiz-Aufgaben zur Einübung neuer Lerninhalte erstellen (z.B. zu Grammatik oder Grundbegriffen), Inhalte in eigenen Worten erklären als Film oder Podcast, eine Mindmap oder interaktive Grafik erstellen
Unterrichtsidee: Digitales Jahreszeitenbuch
Die Lernenden führen eine sichtbare Aktivität aus. Sie bearbeiten einfache oder geschlossene Aufgaben. Sie reproduzieren Inhalte oder entscheiden auf der Basis von Vorwissen, welche Informationen in einem Material relevant sind oder in welcher Struktur sie dargeboten werden.
Beispiele: Anfertigen von Notizen beim Film bzw. Podcast (mit vorgegebener Fragestellung), Markierungen oder Annotationen in einer PDF-Datei vornehmen, einen Lückentext oder einfache Fragen zum Film bzw. Podcast beantworten, ein Quiz bearbeiten
Tipp: Im gleichnamigen Beitrag erfahren Sie, wie Sie Erklärvideos erstellen und einsetzen
Die Lernenden bekommen neue Lerninhalte präsentiert und sind dabei äußerlich passiv. Die Informationen werden je nach Vorwissen unterschiedlich stark verknüpft oder isoliert ins Langzeitgedächtnis aufgenommen.
Beispiele: einem Lehrervortrag zuhören, ein Erklärvideo anschauen, einen Podcast hören, einen Text lesen (jeweils ohne Aufgabenstellung)
Der Orientierungsrahmen „Digitale Lernaufgaben” zeigt Möglichkeiten, das ICAP-Modell mit digitalen Medien im Unterricht umzusetzen. Beispiele für interaktive und konstruktive Aufgabenstellungen finden Sie unter mebis Digitale Lernaufgaben. Im Folgenden ist eine kleine Auswahl zusammengestellt:
Schritt für Schritt und zunehmend eigenständig zur Karikaturanalyse - umgesetzt am Beispiel von Wahlplakaten aus der Weimarer Republik
Schülerinnen und Schüler produzieren selbst ein Märchenhörspiel.
Sakralarchitektur der Welt - online analysieren und recherchieren, im virtuellen Raum bauen und präsentieren
Eigene Beobachtungen über das Jahr hinweg dokumentieren und in einem E-Book festhalten.
Schülerinnen und Schüler schreiben einen eigenen Rap-Text und vertonen ihn mit einem Audioschnittprogramm.
Die Schülerinnen und Schüler erhalten einen Einblick in chemische Reaktionen im Alltag, indem sie selbst einen Versuch zur Gasentwicklung von Kohlenstoffdioxid (CO2) durchführen.
Alles, was man von einer gelungenen Reise erwartet, im Klassenzimmer umgesetzt: Das Internet mit seinen vielfältigen Recherchemöglichkeiten und eine digitale Pinnwand machen es möglich.
Eine Bibelstelle wird in Form eines Comics umgesetzt. Der Bibeltext wird mit Fotos von Spielfiguren dargestellt. Diese Bilder werden in einem Comic mit passenden Dialogen und Erzähltexten auf einer digitalen Pinnwand präsentiert.
Noch mehr digitale Lernaufgaben und weiterführende Informationen dazu.
Beim „Kooperationsprojekt zeitgemäßer Unterricht digital“ haben Lehrkräfte aus Oberbayern in Kooperation mit der LMU München Unterrichtseinheiten für verschiedene Fächer nach dem ICAP-Modell entwickelt. In diesem Beitrag wird das Projekt vorgestellt:
Sammlung von mediengestützten Unterrichtsstunden für alle Fächer
WeiterlesenZur Vertiefung empfehlen wir Ihnen den Orientierungsrahmen „Digitale Lernaufgaben” des ISB (2022). Im Rahmen der Online-Veröffentlichung beziehen sich insbesondere die Beiträge Peergroup sowie Weg & Ziel auf interaktiv-konstruktive Lernaktivitäten.
Online-Veröffentlichung des ISB zum didaktisch zielführenden Einsatz digitaler Medien im Unterricht
Zusammenarbeit als Merkmal und Anforderung des 21. Jahrhunderts - Ein Beitrag aus der ISB-Veröffentlichung „Digitale Lernaufgaben”
Lernende als Prosumenten - Ein Beitrag aus der ISB-Veröffentlichung „Digitale Lernaufgaben”
Tipps zur lernförderlichen Gestaltung von multimedialen Inhalten auf Grundlage lehr-lerntheoretischer Theorien
Ein Beitrag von Prof. Kerres (Mediendidaktik / Uni Duisburg-Essen) zur Bildungsdiskussion um das Thema „Digitalisierung”
Lernen als Prozess der Informationsverarbeitung und die Bedeutung für den Unterricht mit digitalen Medien.
Konstruktivismus fördert Teamwork und selbstständiges Arbeiten. Digitale Medien bieten hier vielfältige Möglichkeiten.
Positives Feedback verstärkt erwünschtes Verhalten - auch beim Einsatz digitaler Medien
Tipps zur lernförderlichen Gestaltung von multimedialen Inhalten auf Grundlage lehr-lerntheoretischer Theorien