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KI | Ökologische Nachhaltigkeit und KI

Der Energiebedarf einer Suchanfrage im Internet lässt sich schwer beziffern. Google selbst hat vorgerechnet, dass eine typische Suchanfrage 0,3 Wh erfordert (Hölzle, 2009). Somit verbrauchen 10 Suchanfragen ungefähr die gleiche Menge Energie wie das Erhitzen einer Tasse Teewasser.

Schon bei dieser einfachen groben Rechnung wird deutlich, dass der Energiebedarf beim alltäglichen Einsatz von IT-Systemen nicht unerheblich ist.

Doch können KI-Systeme auch zu Energieeinsparungen beitragen, z.B. durch Video-Meetings und Virtual-Reality-Erfahrungen statt Reisen, Simulationen statt Experimenten, Überwachung durch Drohnen statt Kontrollflügen u.v.m. bis hin zur Optimierung dezentraler Energieversorgung.

Noch allgemeiner: kann KI das Leben auf unserem Planeten nachhaltig verbessern oder vergrößert KI die Probleme auf unserem Planeten?

Auf dem Weg zu Klimaneutralität: wegen oder trotz KI?

Hilft oder schadet KI der ökologischen Nachhaltigkeit? (Bei der Herstellung dieses Bildes wurde am 21.5.24 Stable Diffusion xl eingesetzt.) © ISB

KI kann uns helfen, Mobilität nachhaltiger zu gestalten, Energienetze effizienter zu nutzen, Biodiversität zu fördern und durch verbessertes Recycling Ressourcen zu schonen.

Es gibt aber auch Zahlen und Fakten, die den enormen Ressourcen-Hunger der KI-Systeme deutlich machen: sie benötigen enorme Mengen an Strom zum Betrieb von IT-Infrastruktur und mobilen Endgeräten, Frischwasser zur Kühlung von Rechenzentren sowie Energie und Rohstoffe zur Herstellung der nötigen Hardware.

Darum werden im Folgenden zwei Dimensionen von Nachhaltigkeit betrachtet:

  • Nachhaltigkeit von KI und

  • KI für Nachhaltigkeit.

Zur ökologischen Nachhaltigkeit von KI

Um die ökologische Nachhaltigkeit von KI zu untersuchen, sind insbesondere folgende Fragen zu erörtern:

  • welche Strommengen sind zum Trainieren und Betrieb eines Modells sowie zum Betrieb der eingesetzten Endgeräte nötig?

  • wie wird der benötigte Strom gewonnen, welche Treibhausgasemissionen fallen dabei an, wie viel Frischwasser wird verbraucht?

  • welche Rohstoffe werden zur Produktion der eingesetzten Geräte verbraucht?

  • wie rückstandsfrei lassen sich nicht mehr benötigte Geräte entsorgen?

Dazu kommt der Ressourcenverbrauch bei der Anwendung des Sprachmodells, also in der Betriebsphase:

  • Google Translate liefert laut eigenen Angaben 100 Milliarden Wörter pro Tag (Turovsky, 2016). Durch diese enorme Menge an Nutzungen übersteigt der Aufwand bei der Nutzung den für das Training nötigen Aufwand bei Weitem (Kramer, 2023, S. 4).

  • GPT-3 benötigt 500 ml für einen einfachen Dialog mit 20 bis 50 Fragen und Antworten, abhängig von Wetter und Tageszeit (Li et al., 2023, S. 3).

  • Zur Bereitstellung der Rechenleistung von KI-Anwendungen sind große erforderlich, sowohl bei der Produktion der Computerkomponenten als auch beim Betrieb der Rechenzentren.

  • 2020 waren rund 1,4% der globalen durch den Informations- und Kommunikationssektor verursacht. Da auch dort zunehmend KI eingesetzt wird, dürfte der Wert mittlerweile wesentlich höher liegen (Kramer, 2023, S. 5).

  • Auch Algorithmen, die in sozialen Medien nach unangemessenen Bildern und Kommentaren suchen, werden täglich Milliarden mal ausgeführt und verursachen so insgesamt einen erheblichen CO2-Ausstoß.

  • Obwohl Wasser nicht direkt für KI-Anwendungen benötigt wird, kann der Betrieb von Rechenzentren zur Kühlung und Stromerzeugung Wasserressourcen indirekt beeinflussen, insbesondere in trockenen Regionen.

  • Für Produktion und Betrieb der eingesetzten Endgeräte ist ebenfalls Energie nötig. 2023 waren weltweit über 15 Milliarden vernetzte Endgeräte im Einsatz, bis 2030 könnte diese Zahl knapp doppelt so groß sein (Vailshery, 2023).

  • Die Lieferkette von Computern und Elektronikprodukten umfasst oft lange Wege, was zu zusätzlichen Emissionen durch den Transport führen kann.

  • Die Herstellung von Computern erfordert Rohstoffe wie Metalle, Kunststoffe und seltene Erden, deren Gewinnung bzw. Produktion oft mit negativen Umweltauswirkungen verbunden ist.

  • End-of-Life-Entsorgung von Computern und Elektronikprodukten kann zu Umweltproblemen führen, wenn sie nicht ordnungsgemäß recycelt oder entsorgt werden und stattdessen zu Elektroschrott werden.

Was kann man tun?

Um KI-Systeme nachhaltig zu gestalten, sollten idealerweise bereits bei der Entwicklung von Systemen Energieeffizienz, verursachte Emissionen, Umweltstandards und Entsorgung der Hardware berücksichtigt (Mollen, 2022, S. 6).

Anwender von KI-Systemen sollten sich über die Emissionen informieren können, die beim Trainieren des Systems angefallen sind und die beim Betrieb anfallen. Solche Informationen in Datenblättern („model cards”) gibt es bereits z. B. für einige Systeme auf Hugging Face, wo vortrainierte Modelle zur Verfügung gestellt werden (Mollen, 2022, S. 7).

Auch Endnutzerinnen und Endnutzer sollten entsprechende Informationen erhalten, um selbst zu entscheiden, welche KI-Produkte sie nutzen wollen, ähnlich der Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln (Mollen, 2022, S. 8).

Mehr über die Frage „Digitalisierung und Nachhaltigkeit - ein Widerspruch?” finden Sie hier.

Der Beitrag der KI zur ökologischen Nachhaltigkeit

KI-Systeme bergen viel Potential, unser Leben ökologisch nachhaltiger zu gestalten. Klicken Sie auf das i, um einige Einsatzbeispiele kennenzulernen.

(Alle Icons wurden unter Verwendung von DALL.E erstellt. @ISB)

Ausblick: Soziale und ökonomische Nachhaltigkeit

Wie entsteht ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit von KI? (Bei der Herstellung dieses Bildes wurde am 28.5.24 DALL-E eingesetzt.) © ISB

Nachhaltigkeit impliziert neben ökologischer Nachhaltigkeit auch soziale und ökonomische Nachhaltigkeit.

Bei der sozialen Nachhaltigkeit geht es beispielsweise um folgende Aspekte:

  • eine Stärkung des Individuums in seiner Autonomie und Handlungsfreiheit gegenüber KI-Systemen: Anwender sollten erkennen können, wenn eine KI zum Einsatz kommt und verständliche Informationen erhalten.

  • den Schutz personenbezogener Daten: z. B. sollte das „Recht auf Vergessen“ auch in KI-Systemen gelten.

  • die Vermeidung von Diskriminierung und Bias auch bei KI-Systemen (Mollen, 2022, S. 4). Lesen Sie hier mehr über Verzerrungen.

Bei den Aspekten der ökonomischen Nachhaltigkeit geht es darum, eine gemeinwohlorientierte und menschenzentrierte KI-Entwicklung zu gewährleisten. Dies kann z. B. geschehen, indem ...

  • ... Endnutzerinnen und Endnutzer nachhaltige KI-Nutzungsentscheidungen treffen können, da sie über die CO2-Emissionen und Herstellungsbedingungen von KI-Systemen informiert werden,

  • ... Empfehlungsalgorithmen auf nachhaltige Produkte und Reparier- oder Verleihoptionen hinweisen,

  • ... Navigationssysteme auch ermöglichen, einen Kompromiss aus sparsameren Routen und nicht zu starker Fahrzeitverlängerung anzuzeigen,

  • ... personalisierte Anzeigenmodelle verboten werden, da sie nicht nur hohen Energiebedarf verursachen, sondern auch zu weiterem Konsum und damit Ressourcenverbrauch führen,

  • ... die Konzentration von Marktmacht bei KI-Unternehmen diskutiert wird (Mollen, 2022, S. 5).

Regulierungen

Im März 2024 wurde der AI Act vom EU-Parlament beschlossen. Mit der Verabschiedung durch die Mitgliedsstaaten im Mai 2024 ist das weltweit erste Regelwerk für KI in Kraft getreten und muss nun durch Gesetze als nationales Recht umgesetzt werden (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 2024).

Im AI Act werden beispielsweise Basismodelle, deren Training mehr als 1025 Gleitkommaoperationen (FLOPs) erfordert, als systemisches Risiko eingestuft. Dahinter stecken die Annahmen, dass diese Modelle sehr mächtige Werkzeuge darstellen und dass sie großen Mengen an Ressourcen verbrauchen. In der Folge würden sich leistungsstarke und ressourcenhungrige KI-Kapazitäten nur in den Händen weniger großer Akteure konzentrieren, was zu Marktverzerrungen führen kann. Daher verpflichtet der AI Act die Anbieter solcher Modelle, Strategien zur Risikominimierung zu entwickeln und den Energieverbrauch zu dokumentieren (Baumann, 2024).

Es bleibt abzuwarten, ob die Vorgaben des AI Act ausreichend sind, der ökologischen Nachhaltigkeit das angesichts der Klimaprobleme nötige Augenmerk zu verleihen, z.B. durch Umweltverträglichkeits-Monitoring.

Nachhaltigkeit und KI im Unterricht

Es gibt bislang nur wenige Unterrichtsmaterialien, die explizit den Zusammenhang zwischen Künstlicher Intelligenz und ökologischer Nachhaltigkeit in den Fokus nehmen.

KI und Ziele für nachhaltige Entwicklung

  • Der Online-Kurs „KI und Ziele für nachhaltige Entwicklung” beinhaltet die Module „KI und Bildung”, „KI und Gesundheit”, „KI und Klimaschutz” und „KI und Nachhaltige Städte & Gemeinden” enthalten fachliche und methodische Hinweise sowie konkrete Unterrichtsmaterialien.

    Zielgruppe: Lehrkräfte von Sekundarstufe I und II

    Art des Materials: Unterrichtskonzepte

    Link zum Material: https://ki-campus.org/courses/ki-sdg

Fächerübergreifende Unterrichtseinheit „humanoide KI-Roboter“

The Lonely Orbit

  • Mit dem 10minütigen Animationsfilm „The Lonely Orbit” von BNE éducation21 werden die Schülerinnen und Schüler für die eigenen sozialen Interaktionen in der realen und digitalen Welt sensibilisiert. Im Anschluss kann das Thema (digitale) Einsamkeit bearbeitet werden.

    Zielgruppe: Jgst. 7-9

    Art des Materials: Video und Unterrichtskonzept

    Link zum Material: https://www.zebis.ch/unterrichtsmaterial/lonely-orbit

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