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Auf einen Blick: Klassenführung

Einbettung ins Qualitätstableu

Was versteht man unter Klassenführung?

Ein moderner integrativer Ansatz zur Klassenführung zeichnet sich dadurch aus, dass er präventive, proaktive und reaktive Elemente umfasst, wobei die Prävention im Vordergrund steht. Unterrichtsqualität und Klassenführung werden zwar begrifflich unterschieden, stehen jedoch in enger wechselseitiger Beziehung (Helmke, 2022, S.145).

Die Qualitätsagentur am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München definiert den Qualitätsbereich „Klassenführung” wie folgt:

Erfolgreiche Klassenführung bedeutet, den Unterricht so zu steuern, dass wenige Störungen auftreten, Unterrichtszeit effektiv genutzt wird und ein positives Lernklima herrscht, welches auf einer vertrauensvollen und wertschätzenden Beziehung zwischen der Lehrkraft und ihren Schülerinnen und Schülern aufbaut.

Lernwirksame Klassenführung ist gekennzeichnet durch folgende Anforderungen:

Für den Unterricht ist an der Schule ein Verhaltensrahmen vorhanden, den alle kennen, der präventiv wirkt und der gleichzeitig hilft, Störungen umgehend zu beheben. Das Ziel ist nicht eine komplette Störungsfreiheit. Die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler sowie deren Fokus auf das Lernen sollen aber – je nach Schülergruppe – bestmöglich gewährleistet sein. Störungen sind erkennbare Beeinträchtigungen des Unterrichts, die durch Abweichungen von Regeln entstehen. Bei Bedarf wird auf diese Regeln in wirkungsvoller Weise Bezug genommen. Dieser Bedarf orientiert sich an der Frage, ob Schülerinnen und Schüler sich selbst oder/und andere in ihrem Lernprozess behindern.

Der zeitliche Rahmen, der dem Unterricht zugeordnet ist, wird unter quantitativen (1.2.1, 1.2.2) und qualitativen Aspekten (1.2.3, 1.2.4) so genutzt, dass für Lernprozesse möglichst viel Zeit zur Verfügung steht. Somit wird der Unterricht einerseits umsichtig geplant und routiniert durchgeführt, andererseits sind Methodeneinsatz, Arbeitsformen und Abläufe bei wechselnden Lernaktivitäten (z. B. im Rahmen von schulinternen Curricula) im Sinne der Zeiteffizienz eingeübt.

Der Unterricht ist durch ein zugewandtes Miteinander gekennzeichnet, das jeden einzelnen Lernenden wertschätzt und eine möglichst angstfreie Lernumgebung unterstützt. Die Lehrkraft ist an der Entwicklung jeder Schülerin und jeden Schülers interessiert und es ist ihr ein Anliegen, die sozial-emotionalen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen. Dies befördert einen konstruktiven Lernprozess im Sinne der Kompetenzerweiterung.

Funktionen für das Lernen

Worum geht es?

Eine effektive Klassenführung bleibt auch im technologiegestützten Unterricht von zentraler Bedeutung. Sie ist eine wesentliche Voraussetzung, um lernwirksamen Unterricht zu gestalten. Mit dem Einsatz digitaler Endgeräte entstehen neben den weitreichenden Potenzialen für die Gestaltung eines lernwirksamen Unterrichts neue Störungsquellen, die sowohl Disziplinprobleme als auch technische Schwierigkeiten umfassen (Ludger B., Tobias S., 2022). Auch die empfundene Herausforderung für einzelne Lehrkräfte kann dazu führen, dass die Klassenführung leidet. Nach Ludger B. und Tobias S. (2022, S. 88 ff) gefährden folgende Punkte die Reibungslosigkeit bei der Arbeit:

Lehrkräfte, die durch die Klassenführung bereits belastet sind, sind durch den Einsatz digitaler Endgeräte zusätzlich herausgefordert werden (Bolick/Bartels 2016, S.482 f). Dies hat folgende Konsequenzen:

  • Lehrkräfte, die bei der Nutzung technischer Geräte Handlungsunsicherheiten zeigen und dabei ihren Unmut offenbaren, wirken weniger kompetent, auch wenn sie fachlich sehr versiert sind. Dies schwächt ihre Autorität.

  • Die Lehrkraft selbst kann durch die Nutzung von Apps, Beamer, Tablet und Schülerendgeräten abgelenkt werden, was den Unterricht beeinträchtigt.

Außerhalb der Schule sind Schülerinnen und Schüler häufig in Interaktion mit ihrem Smartphone: Sie empfangen und beantworten Nachrichten, schauen Filme und kommentieren Inhalte, meist ohne äußere Steuerung. Arbeiten die Lernenden mit eigenen digitalen Endgeräten im Unterricht, erscheinen Meldungen unvermittelt auf dem Bildschirm und lenken Schülerinnen und Schüler ab. Daher erfordert der Einsatz digitaler Endgeräte im Unterricht feste Regeln und Routinen sowie eventuell technische Unterstützung, um dem Ablenkungspotenzial zu begegnen.

Technische Schwierigkeiten bei den Lehrergeräten sowie den Endgeräten der Schülerinnen und Schüler können den Unterrichtsfluss stören. Es ist notwendig, souverän damit umzugehen. Je mehr Unterrichtszeit auf die Behebung störender Aktivitäten verwendet wird, desto weniger Zeit bleibt für aktives Lernen.

Unter dem Blickwinkel des Einsatzes digitaler Medien betrachtet, helfen neue Handlungsmuster dabei, mit diesen Anforderungen souverän umzugehen:

Anpassung der Klassenführung an die veränderte Unterrichtssituation

Beobachtbare Indikatoren der Klassenführung

Um genauer zu erläutern, welche Chancen aber auch Herausforderungen beim Einsatz digitaler Medien im Bereich der Klassenführung zu beachten sind, ist es sinnvoll zu betrachten, woran man eine erfolgreiche Klassenführung im digital unterstützen Unterricht erkennt. Diese Indikatoren aus den Anforderungen einer lernwirksamen Klassenführung unterscheiden sich nicht vom analogen Unterricht. Unter dem Blickwinkel des Einsatzes digitaler Medien entstehen jedoch folgende neue Herausforderungen, um diese Anforderungen zu erreichen.

Dazu ein Beispiel:

Auf Störungen wird angemessen reagiert

Veränderung: Beim Unterrichten mit digitalen Endgeräten treten neben alltäglichen Störungen auch andere Arten von Problemen auf, die unter Umständen über die Unterrichtszeit hinaus gelöst werden müssen (z. B. technische Schwierigkeiten oder pädagogische Störungen wie die Verletzung von Persönlichkeitsrechten). Die Lösung solcher Probleme erfordert oft schulinterne Unterstützungssysteme und die Einbindung der Erziehungsberechtigten. Wie im analogen Unterricht ist auch hier eine angemessene Reaktion auf Störungen notwendig.

Diese Reaktion wird in den Erläuterungen zum bayerischen Qualitätstableau wie folgt beschrieben: angemessene Interventionsformen: sofort und kleinstmöglich (möglichst nonverbal, ggf. direkte Ansprache, notfalls Konsequenz), altersgerecht, verhältnismäßig

Das Unterrichten mit mobilen Endgeräten erfordert, für diese neue Art der Störungen adäquate Reaktionen zu gemeinsam entwickeln.

  • Der Unterricht wird durch Störungen nicht beeinträchtigt

    Bei der Integration digitaler Endgeräte in den Unterricht ist ein bewusster Umgang mit Ablenkungspotenzialen unerlässlich. Lehrkräfte entwickeln Strategien, um Ablenkungen proaktiv zu minimieren. Dazu gehört ein fundiertes Wissen über präventive Maßnahmen, wie z. B. der Einsatz von werbefreien Webvideos oder die Einführung von Ritualen zur Lenkung der Aufmerksamkeit.

    Für die Nutzung digitaler Endgeräte im Unterricht gibt es klare Regeln, die verschiedene Bereiche wie digitale Kommunikation, Arbeitsweise und Erreichbarkeit betreffen. Dazu gehören etwa ein ritualisierter Unterrichtsbeginn (z. B. Einloggen auf Lernplattform), feste Regeln für Phasen, in denen die Geräte nicht genutzt werden, sowie das Verbot der Fremdbeschäftigung.

    Bei der Arbeit mit digitalen Endgeräten treten neben den alltäglichen Störungen (z. B. Fremdbeschäftigung) auch andere Arten von Problemen auf, die unter Umständen über die Unterrichtszeit hinaus gelöst werden müssen (z. B. vergessene Passwörter, technische Schwierigkeiten oder pädagogische Störungen wie die Verletzung des Rechts am eigenen Bild). Die Lösung solcher Probleme erfordert ggf. schulinterne Unterstützungssysteme oder die Einbeziehung der Erziehungsberechtigten. Wie im analogen Unterricht ist auch hier eine angemessene Reaktion auf Störungen erforderlich.

  • Die Lernzeit wird effizient genutzt

    Beim Unterrichten mit digitalen Endgeräten eröffnen sich zusätzliche Möglichkeiten zur effektiven Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen. Schülerinnen und Schüler können durch differenzierte Materialien und geeignete Unterstützungsangebote begleitet werden. So beschäftigen sie sich unabhängig vom jeweiligen Leistungsstand ohne Unterbrechungen mit den Lerninhalten. Zudem nutzen die Lernenden nur die für den Unterricht notwendigen Medien und Programme. Dadurch wird der Fokus auf die Lerninhalte gelenkt und eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Lernmaterial gefördert.

    Ein effektives Unterrichten mit digitalen Endgeräten erfordert nachvollziehbare Zeitangaben und ein sinnvolles Zusammenspiel von unterrichtlicher Arbeitszeit und außerunterrichtlichen Aufgaben. Klare Abgabefristen ermöglichen den Schülerinnen und Schülern eine strukturierte Planung und fördern ihre Eigenverantwortung und Zeitmanagementkompetenz. Die Abstimmung von Unterrichts- und Selbstlernzeiten unterstützt einen nachhaltigen Lernprozess.

    Die effiziente Nutzung der Unterrichtszeit wird durch etablierte Routinen und Rituale im Umgang mit digitalen Geräten unterstützt. So können die Schülerinnen und Schüler selbstständig arbeiten, ohne dass nachträgliche Erklärungen notwendig sind. Technische Hürden werden im Vorfeld berücksichtigt, indem z. B. Bedienkompetenzen gezielt vorab eingeübt werden und Passwörter den Lernenden bekannt sind. Dadurch werden unnötige Unterbrechungen vermieden und ein reibungsloser Unterrichtsablauf ermöglicht.

    Die digitalen Materialien und Medien sind sorgfältig aufbereitet und für die Lernenden leicht zugänglich. Sie sind auf einer Lernplattform oder in einer Dateiablage übersichtlich strukturiert, so dass die Lernenden sie schnell finden können. Wird ein digitales Heft verwendet, ist dieses lernförderlich gestaltet, um den Lernprozess zu unterstützen. Darüber hinaus wird sichergestellt, dass im Lernmaterial enthaltene digitale Funktionen, z. B. Verlinkungen, QR-Codes etc. anwendbar und aktuell sind. Die Inhalte können problemlos auf verschiedenen Endgeräten dargestellt werden.

Gelingensbedingungen für diese Arbeitsweise

Wann funktioniert es und wann nicht?

Brüning und Saum zeigen:

Erfolgreiche Klassenführung ist nicht ausschließlich das Resultat des Handelns der Lehrkräfte im Unterricht. Sie entfaltet sich vielmehr innerhalb einer Schule, die sich der wechselseitigen Beziehung zwischen Klassenführung und Schulmanagement bewusst ist. Die Schulleitung spielt dabei eine entscheidende Rolle, indem sie spezifische Maßnahmen initiiert und koordiniert, die die Klassenführung unterstützen.

Um die Klassenführung effektiv an die sich ständig verändernden Rahmenbedingungen anzupassen, ist es einerseits unerlässlich, schulweite Absprachen zu treffen und förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Diese bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Unterrichtsentwicklung und umfassen unter anderem:

  • Gemeinsame Absprachen zum Umgang mit technischen Geräten: Einheitliche Regeln und Erwartungen fördern ein reibungsloses und effektives Arbeiten.

  • Festgelegte Ansprechpersonen für technischen Support: Klare Ansprechpartner für Lehrkräfte und Lernende gewährleisten eine schnelle Hilfe bei technischen Schwierigkeiten.

  • Eine stabile technische Infrastruktur: Zuverlässige Technik ist fundamental, um eine störungsfreie Lernumgebung zu schaffen.

  • Einarbeitungskonzepte für Lernende: Durch gezielte Schulungen wird sichergestellt, dass alle Schülerinnen und Schüler die erforderlichen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien erwerben.

  • Absprachen zum Workflow: Geregelte Abläufe und Kommunikationswege optimieren die Zusammenarbeit im Unterricht.

Andererseits ergeben sich aus den veränderten Anforderungen an die einzelne Lehrkraft im Bereich der Klassenführung zahlreiche Bereiche (Materialien bereitstellen, Workflow mit den Lernenden einüben etc.), in denen sie verschiedene Fertigkeiten, Fähigkeiten sowie Einstellungen und Wissen erwerben müssen und dabei Unterstützung benötigen. Diese Unterstützung sollte den Lehrkräften möglichst frühzeitig in geeigneten Fortbildungsformaten vermittelt werden.

  1. Kenntnis über unterrichtliche Vereinbarungen, beispielsweise Leitlinien zur einheitlichen Nutzung von Lernumgebungen oder digitalen Heften.

  2. Wissen, das Lehrergerät und die Technik im Klassenzimmer sicher zu handhaben.

  3. Fertigkeit, den Workflow anzupassen: Beginnend bei der Verteilung von Lernmaterialien, dem Bearbeiten und Einreichen von Aufgaben sowie der Überprüfung von Lernständen inklusive der Möglichkeit, Feedback zu geben.

  4. Fertigkeit, ein digitales Heft auf reflektierte Weise zu nutzen.

  5. Fertigkeit, bestehende Unterrichtsmaterialien anzupassen und digital zu erweitern.

  6. Fertigkeit, Kommunikationsmittel zur Unterstützung des Lernprozesses einzusetzen.

  7. Fertigkeit, Strukturen kollegialer Zusammenarbeit zu nutzen.

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