Datenbasierte und KI-gestützte Lernsysteme
Der Beitrag erläutert Chancen und Risiken der algorithmenbasierten Konzepte Learning Analytics und Classroom Analytics.
Digitale Ethik sucht nach angemessenen Haltungen und Handlungsweisen in einer zunehmend digitalisierten Lebensumwelt. Auf die Schule und das Lernen bezogen stellt sich die Frage, wie die fortschreitende Digitalisierung sinnvoll genutzt und ihre Potenziale wirksam werden können. Eine Antwort darauf bietet Gamification.
Durch die Einbindung spielerischer Elemente in den Unterricht kann Gamification helfen, im Lernfluss motiviert und engagiert zu bleiben. Häufig fällt es Schülerinnen und Schülern leichter, sich über einen längeren Zeitraum mit einem Lernstoff zu beschäftigen, wenn die Vermittlung auf spielerische Art und Weise erfolgt.
In diesem Artikel wird neben der Begriffsklärung die Bedeutung von Gamification für den Unterricht aufgezeigt, der Aufbau von Games vorgestellt und der Frage nachgegangen, wie sich ethische Fragestellungen durch Games im Unterricht thematisieren lassen. Abschließend werden einigen hilfreiche Internetseiten mit Spieledatenbanken und Unterrichtsbeispielen aufgelistet.
Der Begriff „Gamification“ fällt häufig, wenn es um den Aspekt des spielerischen Lernens in der Schule geht. Synonym werden oftmals auch andere spielebasierte Lernformen verwendet. Daher lohnt es sich, folgende Begriffe zu unterscheiden: Gamification, Game-Based Learning und Serious Games. Bei Gamification wird versucht einzelne Elemente (z. B. Levels), die in Spielen gut funktionieren, im Unterricht zu nutzen. Ziel ist es, Lernende zu motivieren und ihr Lernverhalten positiv zu beeinflussen.
„ […] gamification as the use of game design elements in non-game contexts“ (Deterding u.a., 2023, S. 1)
„Gamification is applying the most motivational techniques of games to non-game settings, like classrooms.“ (Matera, 2015).
Elemente oder Designprinzipien werden aus dem Game-Design übernommen
kein eigenständiges Spiel
Ziel von Gamification in der Schule: Motivation zur Auseinandersetzung mit einem Sachverhalt
CC BY-SA 4.0, @dan_behnke
bisher keine allgemeingültige Definition
spielebasierte Lernform, bei der ganze Spiele zum Einsatz kommen
jedes Spiel kann im Rahmen von Game-Based Learning verwendet werden
Unterschied zu Gamification: Verwendung „echter“ Spiele
Spiele werden nicht explizit für den Bildungsbereich entwickelt
CC BY-SA 4.0, @dan_behnke
Zielsetzung: Unterhaltung und bestimmte Absicht (z.B. Kompetenzvermittlung)
Spiele im Bildungsbereich: Educational Games = (digitale) Lernspiele
Ziel: Kompetenzen und Lerninhalte vermitteln
CC BY-SA 4.0, @dan_behnke
Ist Unterricht lebensweltorientiert, muss er sich an der digitalisierten Welt orientieren, in der Kinder und Jugendliche heute aufwachsen. Schülerinnen und Schüler müssen dazu befähigt werden, sich in dieser Welt zu orientieren, teilzuhaben, sich aktiv zu beteiligen sowie gestalterisch mitzuwirken. Hierfür sind digitale Medien als Unterrichtsmedium nicht mehr wegzudenken.
Da digitale Spiele im Leben von Kindern und Jugendlichen einen festen Bestandteil haben und deren zeitliche Nutzung mit dem Alter zunimmt (vgl. KIM-Studie 2022 und JIM-Studie 2023), hat Schule den Auftrag, gerade auch die Mechanismen und Besonderheiten digitaler Spiele und den passenden Umgang mit ihnen zu thematisieren. Spiele und Spiele-Apps sollten dabei selbstverständlicher Bestandteil des Unterrichts sein, denn „Games zeichnen sich durch erfahrungsbasierte, problemlöseorientierte und kognitiv aktivierende Settings aus, die aufgrund ihres interaktiven Aufforderungscharakters Potenziale für alle Fächer und Schulformen bieten“ (Boelmann/ König, 2023, S. 11). Games bieten des Weiteren eine motivierende Möglichkeit, Schülerinnen und Schülern Kompetenzen im Rahmen der Medienbildung zu vermitteln, wie es der Kompetenzrahmen zur Medienbildung an bayerischen Schulen vorsieht.
Schule sollte sich außerdem zunutze machen, dass Spiele zur Verbesserung der Lernleistung beitragen und die Motivation steigern. Häufig geschieht das unterbewusst und freiwillig. Ebenso fördern manche Spiele die Konzentrationsfähigkeit.
In einer Metaanalyse fanden Knogler u.a. (2023) beispielsweise heraus, dass digitale Spiele den Lernerfolg effektiver fördern, als das bei analogen Lernangeboten der Fall ist. Auch nach einer gewissen Zeit bleibt dieser positive Effekt erhalten. Ibrahim (2023) kam zu dem Ergebnis, dass bestimmte Action-Videospiele die Lese- und Aufmerksamkeitsfähigkeiten von Kindern und Jugendlichen steigern können.
Digitale Spiele sind ethisch betrachtet hochrelevant und führen nicht selten zu Konflikten zwischen Kindern, Jugendlichen, Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen. Häufige Themen sind dabei die Nutzungszeiten sowie die dargestellten Inhalte einzelner Games (z.B. Gewalt oder Rollenbilder).
In der Schule können Eltern im Rahmen medienpädagogischer Elternabende über technische Einstellungen bzgl. der Nutzungszeiten sowie die Chancen und Risiken von Games aufgeklärt werden. Darüber hinaus stehen Eltern zahlreiche Unterstützungsmaterialen zur Verfügung, die sich mit dem Thema „digitale Spiele“ befassen.
Über eine methodisch-didaktische Bewertung und Wirkung hinaus, stellt sich die Frage, ob und wie sich ethische Fragestellungen innerhalb von Games thematisieren lassen. Spiele bieten Potenziale für ethische Bildung. Werte und Normen lassen sich mit ihrer Hilfe gut veranschaulichen und im Nachgang reflektieren. Das mehrjährige Forschungsprojekt „Games und Ethik“ der TH Köln setzt sich mit ethischen Fragenstellungen und moralischen Entscheidungen in der digitalen Spielkultur auseinander. Dabei wurden folgende drei Schwerpunkte gesetzt, die alle in einen gamifizierten Unterricht integriert werden können (vgl. Institut für Medienforschung und Medienpädagogik, 2023).
Ausgangspunkt: moralische Entscheidungen und Dilemmata
Mögliche Themen:
Flucht/ Migration/ Krieg
Geschlechterrollen/ -identität
Inklusion/ Behinderung/ Teilhabe
Klima/ Umweltschutz
Ziel: Entscheidungen außerhalb der Spielwelt reflektieren
Ausgangspunkt: Verhalten der Spielenden während der Games
Schwerpunkte:
Cheaten (Schummeln)
Umgang miteinander
Ausgangspunkt: ethisch relevante Themen über das reine Spielen hinaus
Mögliche Themen:
Jugendmedienschutz
Gewalt in Spielen
Geschäftsmodelle der Spieleindustrie
Repräsentation von Geschlecht in Games
Der Einsatz von Games in der Schule verfolgt neben der Vermittlung digitaler Medienkompetenzen das Ziel, die Motivation und das Engagement der Schülerinnen und Schüler zu steigern und sich mit Lerninhalten zu befassen. Dazu greift Gamification auf spieletypische Elemente zurück und integriert diese.
Spieletypische Elemente im Überblick |
Grundgedanke:
Herausforderungen mit Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Aufgaben und Schwierigkeitsstufen
Ziel:
Herausforderung erfolgreich bewältigen
Grundgedanke:
Belohnung für Erfolg bei den Aufgaben
Ziel:
Sammeltrieb fördern, Rückmeldung vermittelt Gefühl der Kompetenz
Grundgedanke:
Basis des spielerischen Lernens: Punkte für verschiedene Levelstufen sammeln, um die nächste Stufe zu erreichen
Ziel:
Motivation, andere nachzuahmen und höheres Level zu erreichen
Grundgedanke:
Story als Konzept und Sinn für das Spiel, aktive Einbindung der Lernenden durch Avatare und Identifikation mit den Protagonistinnen und Protagonisten
Ziel:
Motivation, Story rückt in den Vordergrund, Lerninhalt in den Hintergrund
Grundgedanke:
Punkte für erledigte Aufgaben sammeln und dadurch aufsteigen
Ziel:
gesteigerte Motivation durch direkten Wettbewerb
Grundgedanke:
Fortschritt wird grafisch oder numerisch dargestellt
Ziel:
Gefühl der Kompetenz vermitteln
Gamification als Motivator im Unterricht kann ein Bindeglied zwischen der eigenen sowie der fremden Motivation sein. In einem Modell nach Sheldon (2012) werden unterschiedliche motivationale Theorien (motivationale Grundbedürfnisse, Flow und Interesse) in Beziehung zu einzelnen spieletypischen Elementen gebracht:
Wie der Abbildung zu entnehmen ist, stellen Games eine sinnvolle Möglichkeit der Bereicherung des Unterrichts dar. Dabei ist festzuhalten, dass Games als Unterrichtsgegenstände keine Sonderbehandlung benötigen. Sie sind den gleichen Qualitätskriterien unterworfen, wie alle anderen Lehr- und Lernmedien auch. Jede Lehrkraft verfügt hierbei über die fachliche Expertise, um sich gezielt für oder gegen die Verwendung bestimmter Medien im Rahmen eines gamifizierten Unterrichts zu entscheiden.
Dabei ist es wenig effektiv und zudem sehr zeitaufwändig, eigene Games zu entwickeln. Im Idealfall greift die Lehrkraft auf vorgefertigte und individuell anpassbare Vorlagen zurück, die mit Inhalten gefüllt werden können. Als Einstieg in einen gamifizierten Unterricht bieten sich zunächst Quiz-Tools an, bevor die Games komplexer werden und mehrere spieletypsiche Elemente Anwendung finden. Zentral beim Einsatz von Games ist: „Das Spiel darf kein Fremdkörper im restlichen Unterricht sein, sondern muss zur Entfaltung seines Potenzials in diesen sinnvoll eingebettet werden“ (Wendt, 2023, S. 9).
Bei Gamification im Unterricht darf selbstverständlich auch der Jugendschutzaspekt nicht außer Acht gelassen werden. Folgende Checkliste kann bei der Einführung von Gamification im Unterricht sowie bei der Bewertung des Jugendschutzes helfen:
Nachfolgend finden Sie eine Kurzbeschreibung von sechs einschlägige Quellen für digitale Spiele inklusive Verlinkung auf die entsprechenden Materialien.
Auf der Seite spielbar.de von der Bundeszentrale für politische Bildung werden digitale Spiele nach ihrem pädagogischen Potential speziell für die politische Bildung beurteilt.
Der Spieleratgeber der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW beinhaltet Altersempfehlungen und Spielbeschreibungen. Der Ratgeber ist auch in einfacher Sprache verfügbar.
Nach Fächern sortiert, finden sich bei der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg Games, mit Altersempfehlungen und Vorschlägen für den pädagogischen Einsatz.
Die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit stellt insgesamt sechs verschiedene Apps und Games sowie ein digitales Planspiel zur Verfügung, die unter anderem mit den Themen EU, Wiedervereinigung Deutschlands, Rechtsextremismus, Judentum, Klimapolitik und Generationenwandel beschäftigen und so Kinder und Jugendliche auf eine spielerische Art und Weise an diese Themen heranführen und dafür sensibilisieren.
Bei der Stiftung Digitale Spielkultur finden sich zahlreiche Beispiele, wie (digitale) Medien- und Sozialkompetenz, Kreativität und Sprachkompetenz gefördert und im Bereich Naturwissenschaft und Technik sinnvoll eingesetzt werden können. Des Weiteren gibt es zahlreiche Unterrichtsbeispiele, -materialien und -empfehlungen zum Einsatz diverser Games im Unterricht sowie die Datenbank „digitale Spielewelten“.
Das Zentrum für didaktische Computerspielforschung bietet eine Datenbank, die zahlreiche Games mit einer Kurzbeschreibung, einem didaktischen Kommentar sowie einer Spielbesprechung enthält.
Die Unterrichtsmaterialen rund um das Thema „Games” der Stiftung Medienpädagogik Bayern stehen als Download für den sofortigen Einsatz zur Verfügung.
Alles nur ein Spiel? Chancen und Risiken digitaler Spiele erkennen und einschätzen
Im Rahmen dieser Unterrichtseinheit werden die Schülerinnen und Schüler zur Reflexion ihres eigenen Spielverhaltens angeregt. Zudem werden auch problematische Entwicklungen, wie die übermäßige Nutzung thematisiert.
Zielgruppe: 3 und 4. Jahrgangsstufe
Fach: unabhängig
Medienteilkompetenzen: 5.4
Gamen, daddeln, zocken – Digitale Spiele hinterfragen und verantwortungsbewusst nutzen
Die Unterrichtseinheit verfolgt das Ziel, die Schülerinnen und Schüler zum Austausch über Gamen anzuregen und darüber auch ihren eigenen Umgang mit digitalen Spielen zu reflektieren.
Zielgruppe: 5. bis 7. Jahrgangsstufe (Sonderpädagogische Förderung)
Fach: unabhängig
Medienteilkompetenzen: 5.4
Generation Games? Digitale Spiele diskutieren und reflektieren
Die Unterrichtseinheit verfolgt das Ziel, die Lernenden für einen souveränen Umgang mit digitalen Spielen zu sensibilisieren.
Zielgruppe: 8. und 9. Jahrgangsstufe
Fach: unabhängig
Medienteilkompetenzen: 5.4
Der Beitrag erläutert Chancen und Risiken der algorithmenbasierten Konzepte Learning Analytics und Classroom Analytics.
Hier finden Sie Hintergrundinformationen und Unterrichtsmaterialien zu Benachteiligungen aufgrund von algorithmisch geprägten Entscheidungen.
(Hinter-)Gründe, Beispiele und konkrete Tipps für den Umgang mit diesem Phänomen im Unterricht werden aufgezeigt.
Der Beitrag liefert einen Überblick über Chancen und Risiken von smarten Geräten und digitalen Sprachassisstenten im Kinderzimmer sowie Smartwatches.
Digitalen Medien bieten eine Vielfalt an technischen Möglichkeiten. Damit steigt auch der Bedarf an Orientierung. Welche Werte, Regeln und Kompetenzen braucht es für ein verantwortungs- und rücksichtsvolles Miteinander im Netz?
Es werden drei auf Risiken basierende ethische Fragestellungen aufgezeigt und Praxistipps gegeben, wie diesen Gefahren präventiv entgegengewirkt werden kann.