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Veränderung von zeitlichen und inhaltlichen Strukturen im 1:1-Setting  

Welche Zeitstruktur eignet sich für einen modernen Unterricht im 1:1-Setting? Sind es die vertrauten Einzel- bzw. Doppelstunden oder sollten womöglich Studierstunden eingeführt werden, in denen die Schülerinnen und Schüler eigeninitiativ und selbstbestimmt Aufgaben bearbeiten? Welche Chancen und Möglichkeiten ergeben sich durch die Ausstattung der Lernenden im 1:1-Setting? Im Folgenden wird dargestellt, was Ausgangspunkt dieser Überlegungen ist und welche Erfahrungen bisher gesammelt wurden.

Neue Möglichkeiten in der Inhalts- und Zeitgestaltung

Digitale Bildung verändert nicht nur die Art des Lernens, sondern stellt auch neue Ansprüche an die Inhalts- und Zeitgestaltung.

1. Zeit- und ortsunabhängiges Lernen

In einem 1:1-Setting verliert der bekannte zeitliche Rhythmus des klassischen Unterrichts an Bedeutung. So können organisatorische Abläufe dezentral durchgeführt werden und lassen dadurch mehr Platz für Inhalte, die im Unterricht besprochen werden. Beispielsweise können Schülerinnen und Schüler online abstimmen oder ihre Hausaufgaben digital abgeben, die dann von der Lehrkraft zeit- und ortsunabhängig korrigiert und ebenfalls digital zurückgeschickt werden können.

Lernende können in der Schule begonnene Projekte zentral abspeichern und von zu Hause wieder darauf zugreifen. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, kollaborative Aufgaben ebenfalls ortsunabhängig weiterzuführen. Die Lernenden entscheiden selbst, ob sie sich persönlich oder digital treffen, um miteinander zu arbeiten. 

Auch (fächerübergreifende) Projekte profitieren vom 1:1-Setting, da alle Lernenden freien Zugang zu zentral gespeicherten Inhalten haben. Außerdem können Arbeitszeit sowie inhaltliche Teilaufgaben individuell gewählt und die Ergebnisse allen anderen unkompliziert zugänglich gemacht werden. Blended-Learning-Formate ermöglichen Schülerinnen und Schülern, individuell Lernzeitpunkt und -ort zu bestimmen, bevor sie dann mit einer Lehrkraft in Kontakt treten, um die Arbeiten zu besprechen. Lehrkräfte und Lernende sind nicht mehr nur in der Schule erreichbar, sondern auch zu anderen Zeiten und an anderen Orten. Wichtig sind hierbei klare Regeln, die die Erreichbarkeit kanalisieren, um notwendige Erholungspausen und Regenerationsphasen zu ermöglichen.

2. Veränderte Lehr- und Lernkultur: Handlungs- und Produktionsorientierung

  • Indem die Schülerinnen und Schüler kreativ und kollaborativ arbeiten und digitale Lernprodukte wie zum Beispiel (Lern-)Videos, Podcasts oder digitale Versuchsdokumentationen erstellen, werden sowohl fachliche als auch mediale Kompetenzen gefördert. Digitale Medien bieten hierzu die idealen Voraussetzungen. 

In diesem Zusammenhang wird häufig der Wunsch geweckt, Zeitstrukturen aufzubrechen, um mehr Zeit für die Umsetzung zu schaffen und Lern- und Arbeitsprozesse weniger in ungünstiger Weise zu unterbrechen. Auch können feste Zeiträume für Selbstgesteuertes Lernen etabliert werden. Dies kann mit dem Doppelstundenprinzip oder einem Freiarbeitskonzept realisiert werden, welche das kompetenzorientierte Arbeiten erleichtern. 

Beispiele aus der Praxis

Beispiel 1: Zeit- und unabhängiges Lernen bei der Prüfungsvorbereitung

„Zur Vorbereitung auf den Speaking-Test in Englisch verwenden wir ein Videokonferenztool, um den Lernenden zusätzliche Übungsangebote außerhalb des regulären Unterrichts anzubieten. Hierbei steht ihnen der virtuelle Raum zu jederzeit für das selbstständige Üben zur Verfügung. Zusätzlich legt die Lehrkraft in Absprache mit den Lernenden Zeitfenster fest, in welchen diese im Rahmen einer nachgestellten Prüfungssituation individuelle Rückmeldung erhalten. Meiner Erfahrung nach zeigen viele Schülerinnen und Schüler durch dieses Angebot eine offenere Kommunikation als im Klassenverband. Zudem kann die reine Sprechzeit damit viel effektiver genutzt werden.“ 

Julia, Lehrerin an der Realschule

Beispiel 2: Fixe Zeitfenster im Stundenplan für Selbstgesteuertes Lernen

„Mit dem diesjährigen Schuljahr entschloss sich die Realschule Großostheim in zwei ihrer fünften Klassen dazu, den Fokus auf das selbstgesteuerte Lernen zu legen. Die 1:1-Ausstattung mit Endgeräten erlaubt es, die Lernenden zu Beginn einer Unterrichtssequenz mit dem benötigten Material zu versorgen. Hierbei sind die einzelnen Lernsequenzen in multimedialen, an den Lernstand und die Zielgruppe angepassten Lernheften aufgearbeitet. In einem festgelegten Zeitraum arbeiten die Schülerinnen und Schüler selbstgesteuert und eigenständig an den verschiedenen Aufgaben. Dadurch bekommt die Lehrkraft Zeit, um vermehrt auf einzelne Schülerinnen und Schüler einzugehen. Individuelle Probleme können besprochen und das Lernen des Einzelnen zielgerichtet begleitet werden.“ 

Jonas, Lehrer an der Realschule

Interview zum selbstgesteuerten Lernen

Hier erfahren Sie mehr über die Erfahrungen der Realschule Großostheim

Beispiel 3: Einführung von Doppelstunden

In Verbindung mit der Einführung des Doppelstundenprinzips und der Auflösung des 45-Minuten-Rhythmus werden unter anderem folgende didaktische und methodische Überlegungen genannt: 

  • Die Unterrichtszeit muss stärker rhythmisiert werden.

  • Ein Wechsel der Unterrichtsformen bietet sich vermehrt an.

  • In Doppelstunden lassen sich zeitaufwändigere Lernarrangements leichter realisieren.

  • Ein Unterricht außerhalb des Klassenzimmers ist leichter umsetzbar.

Damit kann die Einführung dieser organisatorischen Maßnahme wiederum die angestrebte Entwicklung auf Unterrichtsebene unterstützen. Eine Lehrkraft berichtet über die Erfahrungen an ihrer Schule: 

„Ein Doppelstundenschüler hat höchstens fünf verschiedene Fächer pro Tag, oftmals nur drei. Die Umstellung auf den 90-Minuten-Rhythmus bedeutet neben einer größeren Freiheit in der Unterrichtsgestaltung auch leichtere Schulranzen, weniger Raumwechsel für Schülerinnen und Schüler bzw. Lehrkräfte und weniger Umschalten von Mathe auf Englisch auf Biologie auf Musik… Trotz langer Schultage können unsere Schülerinnen und Schüler am Nachmittag noch gut zu Sport- und Musikstunden gehen, da es Hausaufgaben von einem auf den anderen Tag nahezu nicht mehr gibt und sie sich die Vorbereitung so besser einteilen können.“ 

Christina, Lehrerin an einem Gymnasium

Interview zum Doppelstundenprinzip

Hier erfahren Sie mehr, über die Erfahrungen des Gymnasium Burgkunstadt bei der Umstellung.

 

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