Absprachen zur Verwendung digitaler Hefte
Das Thema „digitale Heftführung“ erweist sich als unglaublich spannend, zieht jedoch nicht ohne Grund ausschweifende Diskussionen nach sich. Grundsätzliche Fragen des Lehrens und Lernens werden durch die Verwendung digitaler Hefte tangiert. Das digitale Heft als reinen Ersatz zum analogen Heft zu sehen, scheint keinesfalls die richtige Antwort zu sein. Bisher fehlen fundierte Erkenntnisse im Hinblick auf digitale Hefte und die damit verbundene Nutzung von Notizen-Apps. Daher lohnt es sich, den Einsatz gemeinsam abzustimmen, Erfahrungen zu sammeln, sich im Stufenteam oder im gesamten Kollegium auszutauschen und gemeinsame Konzepte zu entwickeln. Dieser Artikel bietet praxisnahe Impulse für die Diskussion unter Lehrenden vor Ort.
Wichtige Fragestellungen
Eine grundlegende Entscheidung, die getroffen werden sollte, betrifft die Wahl zwischen einer weiterhin rein analogen Heftführung und der Einführung eines digitalen Hefts als sinnvolle Ergänzung. Entscheidet man sich für die Nutzung digitaler Hefte, ist es essenziell, die Schülerinnen und Schüler von Anfang an konsequent zu begleiten, anzuleiten und zu unterstützen. Dazu sind verbindliche Absprachen zur Nutzung digitaler Hefte im Unterricht (offenes oder einheitliches Konzept) notwendig.
Diese Überlegungen setzen eine 1:1-Ausstattung voraus und können je nach Jahrgangsstufe variieren. Um fundierte Entscheidungen treffen zu können, sollten die folgenden Fragen bewusst und mit Begründung beantwortet werden:
Welche Einsatzszenarien im Unterricht sind für digitale Hefte sinnvoll?
Können Schülerinnen und Schüler diese zur Vorbereitung von Leistungserhebungen nutzen?
Welche Software soll ggf. genutzt werden?
Ab welcher Jahrgangsstufe werden ggf. digitale Hefte eingesetzt?
Wer übernimmt das Einarbeitungskonzept der Lehrkräfte und der Lernenden?
Welche Ansätze verfolgen andere Schulen?
Die digitale Heftführung wird für die Lernenden in allen Fächern fest vorgegeben. Alle Klassenstufen setzen eine einheitliche Notizen-App ein und nutzen die gleiche Struktur zum Anlegen der Hefte und zur Dateiablage.
Als Ergänzung zu den analogen Heften wird das digitale Heft zum Beispiel nur für die Lernzeit bzw. als Übungsheft eingesetzte. Hefteinträge schreiben die Schülerinnen und Schüler weiterhin in ihre analogen Hefte.
Man verzichtet bewusst auf eine digitale Dokumentation der Unterrichtsinhalte. Zwar kann im Rahmen einzelner Unterrichtsprojekte eine Notizen-App genutzt werden, aber grundsätzlich dient die Anwendung in dieser Umsetzungsvariante als Ergänzung, eventuell in Kombination mit einer Lernplattform.
Schulen berichten aus ihrer Praxis:
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Einheitliche Nutzung der gleichen Notizapp
„In der Anfangskonferenz besprechen wir ausführlich, wie wichtig es ist, dass jede Lehrkraft sich genau die Struktur ihres Bereiches überlegt. Digitale Heftführung ist oft gar nicht so einfach zu strukturieren, da parallel mit einer Dateiablage oder Lernplattform gearbeitet wird.
Vorteile und Nachteile müssen didaktisch reflektiert werden. Auch von den Kindern kann der kompetente Umgang mit einer Notizapp nicht als selbstverständlich angenommen werden. Sie benötigen hier Unterstützung. Deshalb ist die Bedienung der von uns eingesetzten Notizapp Teil des Schulungskonzeptes.”
Vorteile:
✓ geringere Komplexität der Lernumgebung
✓ leichte Orientierung
✓ passgenaue Schulungen
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Bewusste Kombination aus analoger und digitaler Heftführung
„An unserer Förderschule haben wir uns bewusst gegen eine rein digitale Heftführung entschieden. Die ausschließliche Arbeit mit dem Tablet bringt einige Herausforderungen mit sich: Der Bildschirm ist oft zu klein, um mehrere Anwendungen gleichzeitig komfortabel zu nutzen. Fenster müssen nebeneinander angeordnet oder ständig gewechselt werden.
Konkret setzen wir folgende Struktur um:
Neue Inhalte werden im Heft festgehalten, während Übungsmaterialien dazu digital bereitgestellt werden.
Falls der Hefteintrag für digitale Hausaufgaben benötigt wird, wird er einfach fotografiert und digital verwendet.
Das Tablet ergänzt den Unterricht und erweitert Lehr- und Lernprozesse, ohne analoge Methoden einfach nur ins Digitale zu übertragen.”
Vorteile:
✓ leichtere Raum-Lage-Orientierung
✓ Entlastung durch weniger Reize (insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit ADHS)
✓ Üben des händischen Schreibens
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Bewusst keine digitale Heftführung
„Wir arbeiten in der Unterstufe verbindlich mit einem analogen Heft und dem Tablet als zusätzlichem Hilfsmittel für viele Bereiche. Arbeiten die Schülerinnen und Schüler nur mit dem Tablet, wird der Bildschirm zum Arbeiten oft sehr klein. Mehrere Anwendungen sind geöffnet und die Fenster liegen nebeneinander oder müssen gewechselt werden. Für den Unterricht erweitert das Vorgehen die Möglichkeiten der Vertiefung und Individualisierung: Es kann mithilfe von Heft und Buch ein Arbeitsblatt digital bearbeitet und sogar noch durch mit dem Tablet aufgenommene Bilder individuell ergänzt werden. Auch das digitale Üben – gestützt auf Hinweise im Schulheft und Erläuterungen im Buch – wird so ohne Wechseln von Apps und Zoomen einfach und strukturiert möglich. Das iPad erweitert damit Lehr- und Lernprozesse, überträgt nicht einfach analoge Wege ins Digitale und erlaubt viele neue kreative Anwendungen, die die Kinder auch gerne nutzen. Das analoge Heft ermöglicht den Eltern auch weiterhin einen schnellen und einfachen Einblick in die Unterrichtsinhalte.”
Vorteile:
✓ Bewusste Reflexion des Einsatzes
✓ Kein Wechsel zwischen den Anwendungen
✓ Nachvollziehbare Dokumentation für die Eltern
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Digitales Heft für jedes Fach in Kombination mit einer Sammelmappe für analoge Materialien.
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Kombination aus Merkheft und Übungen auf dem Endgerät.
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Kombination aus Heft und digitalen Ordnern.
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Das analoge Übungsheft wird durch digitale Medien ergänzt.
Was ist beim Einsatz zu beachten?
Zum Einsatz digitaler Hefte ist eine konsequente Begleitung, Anweisung und Anleitung der Schülerinnen und Schüler von Beginn an notwendig. Es ist zielführend, dass sich Lehrkräfte, auch in Absprache mit den Fachschaften oder dem gesamten Kollegium, vorab Gedanken machen, welche verbindlichen Strukturen, Vorgaben zur Nutzung und Möglichkeiten der Begleitung benötigt werden, damit eine lernförderliche Heftführung im 1:1-Setting gelingen kann. In diesem Zusammenhang ist außerdem ein Schulungskonzept wichtig.
Gemeinsam mit den Lernenden sollte eine verbindliche Grobstruktur für alle Fächer angelegt werden, die den Schülerinnen und Schülern eine Gesamtübersicht über die Jahrgangsstufen und Fächer bietet. Auch auf Ebene der Fächer ist eine Strukturierung nötig. Dabei können sich je nach Fach verschiedene Unterstrukturen ergeben. Bei der Entwicklung struktureller Vorgaben muss berücksichtigt werden, ob ein einheitliches oder offenes Konzept gewählt wurde oder ob eine Notizen-App nur zur Unterstützung des Unterrichts genutzt wird.
Um die Vorgaben hinsichtlich der Struktur und Nutzung digitaler Hefte zu vermitteln, empfiehlt sich ein Schulungskonzept für die Lernenden. Die Schülerinnen und Schüler erhalten dabei Unterstützung bei der Einrichtung des digitalen Hefts und lernen die Möglichkeiten der digitalen Heftführung kennen. Dabei sind die je nach Jahrgangsstufe unterschiedlich stark ausgeprägten Niveaus der Medienkompetenz zu berücksichtigen.
Zur Verbesserung der digitalen Heftführung ist eine kontinuierliche und altersgemäße Begleitung der Lernenden durch die Lehrkraft notwendig. Die Intensität der Begleitung sollte sich am Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler orientieren. Für die Nutzung des digitalen Hefts sollten auch, orientiert an der gewählten Umsetzungsvariante, klare Vorgaben erarbeitet und an die Lernenden sowie Erziehungsberechtigten kommuniziert werden. Diese sollten angepasst werden an pädagogische, didaktische und fachspezifische Bedürfnisse.
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Einsatz von digitalen Heften an Förderzentren
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie die digitale Heftführung an einem Förderzentrum gelingen kann und welche Aspekte bei der Einführung zu berücksichtigen sind.
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