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Die Potenziale identifizieren und den Ist-Stand erfassen

Das Lernen mit mobilen Endgeräten bietet die Möglichkeit, den Unterricht sowie die organisatorischen Abläufe der Schule positiv zu verändern und Kooperation zu stärken. Dies zeigen Erfahrungen von Schulen, die diesen Weg bereits gegangen sind. Eine systematische Herangehensweise, transparente Kommunikation und die Einbindung aller Beteiligten sind Schlüsselelemente, um die Potenziale dieses Ausstattungskonzepts bestmöglich zu nutzen. Es gilt, schulisches Lernen und Lehren nachhaltig weiterzuentwickeln.

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Grundlage für die Initiierung eines solchen umfassenden Schulentwicklungsprozesses ist das Ziel der Verbesserung der Unterrichtsqualität. Daher steht am Beginn aller Überlegungen die Frage nach den pädagogischen und didaktischen Vorteilen einer erweiterten Ausstattung mit mobilen Schülergeräten für die eigene Schule.

Potenziale für die Unterrichtsentwicklung

Welche Möglichkeiten bieten digitale Medien für die Unterrichtsentwicklung?

Mobile Endgeräte bieten vielfältige Möglichkeiten zur Bereicherung eines kompetenzorientierten Unterrichts. Die Geräte können als Werkzeug eingesetzt werden, um Inhalte zu veranschaulichen, sowie vielfältige Lernmaterialien und unterschiedliche Lernaktivitäten mit Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler bereitzustellen. Zudem tragen sie zur Methodenvielfalt bei, indem sie selbstgesteuerte, kreative und kooperative Formen der Aufgabenbearbeitung ermöglichen. Lehrkräfte können dabei den Lernprozess individuell gestalten, indem sie z. B. lernstandsspezifische Aufgaben zur Differenzierung anbieten oder digitale Feedbackformate nutzen, um Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern. Vielfältige und differenzierte Übungsmöglichkeiten und eine multimediale Ergebnissicherung helfen den Schülerinnen und Schüler dabei, fachrelevante Routinen (Grundwissen, Abläufe, Vorgehensweisen etc.) aufzubauen, kognitive Ressourcen auf herausfordernde Aspekte richten zu können und geeignete Ansatzpunkte für neues Wissen herzustellen.

Im Kontext der inklusiven Pädagogik sind Barrierefreiheit, Nutzungsfreundlichkeit sowie assistive und adaptive Funktionen digitaler Medien von entscheidender Bedeutung. Diese Aspekte fördern die Eigenständigkeit und die gleichberechtigte Teilhabe der Lernenden sowohl in der Schule als auch im Alltag. Digitale Medien eröffnen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusätzliche Ausdrucksmöglichkeiten.

Hieraus ergeben sich für die Unterrichtsentwicklung im Wesentlichen zwei Bereiche:

  • Die methodisch-didaktischen Kompetenzen der Lehrkräfte müssen im Hinblick auf den Einsatz digitaler Medien zur Individualisierung und Differenzierung, Barrierefreiheit, Selbststeuerung und Kompetenzorientierung sowie zur Gestaltung von chancengerechten Lehr- und Lernprozessen abgestimmt auf den individuellen Förderschwerpunkt gezielt weiterentwickelt werden.

  • Eine enge Verknüpfung und eine offene Grundhaltung für die (digitale) Lebenswelt aller Schülerinnen und Schüler in der Unterrichtsentwicklung kann etabliert werden, um diese gezielt auf eine selbstbestimmte Teilhabe an der digitalen Gesellschaft vorzubereiten.

Potenziale in den weiteren Handlungsfeldern

Weitere Handlungsfelder und damit verbundene Umsetzungsmöglichkeiten

Neben der Weiterentwicklung des Unterrichts kann das Lernen mit mobilen Endgeräten weitere Impulse für eine zeitgemäße Schulentwicklung geben. Eine Orientierung bieten dabei die anderen Handlungsfelder der digitalen Schulentwicklung:

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Digitale Expertise stärken

Das Lernen mit Tablets und Notebooks verändert das Unterrichten. Die digitalen Lehrkompetenzen müssen darauf ausgerichtet werden. Gezielte Fortbildungen unterstützen auch weniger erfahrene Lehrkräfte dabei, souverän und lernförderlich mit mobilen Endgeräten in Schülerhand zu unterrichten. Vorhandene Expertise im Kollegium kann systematisch multipliziert werden, indem entsprechende schulinterne Austausch- und Fortbildungsformate etabliert werden. Ergänzt wird dies durch Fortbildungsangebote auf regionaler und zentraler Ebene.

Schule digital organisieren

Digitale Kommunikation und Organisation sind wichtige Bausteine einer modernen Schule. Sie erleichtern und vereinfachen schulische Abläufe. Die Nutzung mobiler Endgeräte eröffnet hier neue Möglichkeiten auf Basis transparenter und abgestimmter Regeln zur Online-Kommunikation und -Zusammenarbeit. Auf der Grundlage gemeinsam formulierter Leitlinien für die Integration digitaler Medien in den Unterricht kann das schuleigene Medienkonzept weiterentwickelt werden.

Schule kooperativ gestalten

Die Arbeit mit schuleigenen (und privaten, etwa von der Krankenkasse finanzierten) Endgeräten erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten in Fragen der Medienerziehung. Das schafft einen verlässlichen pädagogischen Rahmen und stärkt die Schülerinnen und Schüler in ihrer Entwicklung. Zudem ist die sukzessive Weiterentwicklung des Ausstattungskonzepts ein Anlass, die systematische Zusammenarbeit innerhalb des Kollegiums sowie die Vernetzung mit anderen Schulen zu intensivieren. Das entlastet Lehrkräfte und beflügelt den Innovationsgeist im Kollegium.

IT-Infrastruktur optimieren

In Absprache mit dem Schulaufwandsträger kann die Auswahl der Endgeräte an die individuellen Gegebenheiten der Schule angepasst werden. Die IT-Infrastruktur wird daraufhin überprüft, wie ein lernförderlicher und effektiver Einsatz möglich ist.

Diese fünf Handlungsfelder bedingen sich wechselseitig und müssen daher gemeinsam in den Blick genommen werden. Um Transparenz über die Ausgangssituation an der eigenen Schule zu gewinnen und realisierbare Ziele für die Nutzung der Potenziale digitaler Endgeräte im Schulalltag identifizieren zu können, ist es hilfreich, zunächst den individuellen Ist-Stand der Schule in den fünf Handlungsfeldern der digitalen Schulentwicklung zu erfassen. Daraus können unter Berücksichtigung des Schulprofils kurz- und mittelfristige Entwicklungsziele und Maßnahmen für den eigenen Schulentwicklungsprozess abgeleitet und gestaltet werden. Der hier vorliegende Leitfaden bietet in diesem Zusammenhang konkrete Hinweise.

Den Ist-Stand analysieren

Die fünf Handlungsfelder an der eigenen Schule unter der Lupe

Zu Beginn dieses komplexen Prozesses ist es sinnvoll, eine umfassende Analyse der bestehenden Strukturen und Zuständigkeiten durchzuführen (strukturelle Ist-Stand-Analyse). Dieser Schritt ermöglicht es jeder Schule, einen Überblick über die vorhandenen personellen Ressourcen zu gewinnen und die Bereiche zu identifizieren, in denen bereits gearbeitet wird, sowie jene, die bisher vernachlässigt wurden.

Um das Ausstattungskonzept weiterzuentwickeln, ist es zudem wichtig, die aktuelle Ausstattung und deren Nutzung im Unterricht zu evaluieren. Diese Erkenntnisse können bei der weiteren Planung dabei unterstützen, Synergien zu schaffen und Strukturen sowie Abläufe zu optimieren.

In BETSIE, kann eine Befragung zum Ist-Stand aus bereits bestehenden, thematisch unterschiedlich ausgerichteten Bausteinen individuell zusammengestellt werden. Eigene Fragen können zusätzlich ergänzt werden. Sämtliche Items können unter Downloads heruntergeladen und eingesehen werden.

Tipp: In der Rubrik „Methodenkoffer“ des Schulentwicklungsportals finden Sie extra für die digitalisierungsbezogene Schulentwicklung unterschiedliche Materialien zur Begleitung, die sowohl von Steuergruppen an den Schulen als auch von den Innovationsteams eingesetzt werden können.

Aus der Praxis

Zielvorstellung entwickeln

Schulentwicklung in der digitalen Welt braucht ein gemeinsames Bild von den Zielen, Aufgaben und Herausforderungen von Schule, Unterricht und Lernen in der eigenen Region. Dazu kann es hilfreich sein, sich als Schule zu fragen, woran man eine erfolgreiche Integration der digitalen Endgeräte in den Unterricht erkennt. Eine leitende Fragestellung kann dabei sein:

„Wenn Sie in fünf Jahren durch Ihre Schule gehen, wie erleben Sie diese Schule dann?“

Folgende Antworten, in den fünf Handlungsfeldern, haben sich dabei als wichtig und erstrebenswert herauskristallisiert:

Potenzialbeispiele für alle Förderschwerpunkte

  • Fokus auf die Weiterentwicklung des Unterrichts und individuelle Lernbegleitung durch flexible Lernorte, zeitliche Freiräume und individualisierte Fördermaterialien.

  • Lehrkräfte haben die zeitliche Flexibilität, erzieherisch zu wirken, unterstützt durch automatisierte Diagnosetools und ein nahtloses Zusammenspiel aller organisatorischer Ebenen.

  • Förderung selbstgesteuerten Lernens und Integration von Medienerziehung als zentrale Aufgabe der Schule.

  • Klare Weiterentwicklungspläne und Partizipationsmöglichkeiten in der Schulentwicklung, sowie eine positive Haltung zur Weiterentwicklung.

  • Souveräner Umgang mit neuen Unterrichtssituationen und technischer Infrastruktur.

  • Bereitstellung von Ressourcen und Freiräumen zum Ausprobieren neuer Konzepte.

  • Systematische Förderung von Kooperation, auch fach- und schulübergreifend, durch regelmäßigen Austausch und gemeinsames Ausprobieren neuer Methoden.

  • Medienerziehung als gemeinsame Aufgabe von Schule und Elternhaus, mit geteilter Verantwortung für medienerzieherische Ziele und Lernbegleitung.

  • Unterstützung und Stärkung der Lehrkräfte durch Abbau von Ängsten und Vermeidung von Überforderung.

  • Schulische Termine, Aufgaben, Formulare werden digital verwaltet und über einen einheitlichen Kanal kommuniziert.

  • Daten werden automatisch für die Statistik bereitgestellt.

  • Lehrkräfte können sich auf eine stabile technische Infrastruktur verlassen.

  • Etablierte Unterstützungssysteme geben Sicherheit und bieten eine schnelle Lösung bei Problemen.

  • Alle Lehrenden verfügen über die notwendigen technischen Bedienkompetenzen für die Nutzung der digitalen Infrastruktur im Klassenzimmer und Grundkenntnisse zu den Schülergeräten.

  • Alle Lehrenden nutzen in ihrer täglichen Arbeit digitale Lernsoftware, sowie die Möglichkeiten einer digitalen Lernplattform (z.B. mebis) und eines Cloudspeichers.

Potenzial-Beispiele für die einzelnen Förderschwerpunkte

  • Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung (esE)

    • Vermeidung von Raumwechseln zur Nutzung digitaler Endgeräte, wodurch unstrukturierte Situationen und Konfliktpotenziale reduziert werden

    • Geführter Zugriff auf Anwendungen zur Minimierung von Ablenkungen

    • Förderung einer schnellen Fokussierung der Lernenden durch zentrale Steuerungsmöglichkeiten (z. B. Deaktivieren von Bildschirmen oder Anzeigen von Nachrichten auf allen Geräten)

    • Ermöglichung von direktem Feedback zu Aufgaben

    • Berücksichtigung des Aufmerksamkeitsbedarfs der Lernenden durch Funktionen, die Interaktion ohne Aufstehen ermöglichen

    • Spielerische Apps, Quizzes und Lernspiele motivieren die Schülerinnen und Schüler und fördern gleichzeitig ihre Kompetenzen.

  • Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung (gE)

    • Vermeidung häufiger Wechsel zwischen Darstellungs- und Eingabemedien (z. B. zwischen Schreibheft und Buch)

    Multisensorisches Lernen

    • Akustische Unterstützung: Für Schülerinnen und Schüler, die von akustischen Reizen profitieren, können einfache Klänge oder Musik die Aufmerksamkeit und das Verständnis fördern

    • Haptische Interaktion: Reduktion der Steuerungskomplexität, z. B. durch Wegfall zusätzlicher Eingabegeräte wie Mäuse und direkte Bedienung am Gerät

    • Durch die Berührung des Bildschirms wird das Lernen zusätzlich taktil unterstützt, was besonders für motorisch oder kognitiv eingeschränkte Schülerinnen und Schüler von Vorteil sein kann

    Förderung der Kommunikation

    • Unterstützte Kommunikation (UK): Tablets können als Kommunikationshilfe eingesetzt werden, z. B. durch Symbol-basierte Apps wie „GoTalk Now” oder „MetaTalk.” Diese ermöglichen es nicht-sprechenden Schülerinnen und Schülern, sich auszudrücken

    • Soziale Interaktion: Tablets ermöglichen es, Nachrichten oder einfache Textnachrichten zu schreiben, was die soziale Kommunikation erleichtert

    Förderung von Alltagskompetenzen

    • Alltagsorientierte Apps: Tablets können helfen, lebenspraktische Fertigkeiten zu erlernen, z. B. durch Apps zur Zeitplanung, für Verkehrsübungen oder das Einkaufen mit virtuellen Währungen

    • Virtuelle Lernspiele: Spiele mit realitätsnahen Szenarien (z. B. Kochen, Zählen von Geld) trainieren wichtige Fähigkeiten in einer sicheren Umgebung

    Förderung von Kreativität und Ausdruck

    • Kreative Tools: Schülerinnen und Schüler können malen, Musik machen oder Videos erstellen, um ihre Fähigkeiten auszudrücken

    Unterstützung durch Struktur

    • Visualisierte Zeitabläufe: Zeit-Apps können Abläufe mit Bildern, Symbolen und Alarmen unterstützen, um Routineaufgaben zu erleichtern

  • Förderschwerpunkt Lernen (L)

    • Schnelle und anschauliche Visualisierung von Lerninhalten

    • Flexible und teilweise automatisierte Differenzierung von Lernmaterialien

    • Einfache Durchführung von Lernverlaufsdiagnostiken (z. B. 5-Minuten-Kopfrechenübungen)

    • Bereitstellung von unmittelbarem Feedback zu Aufgaben

  • Förderschwerpunkt Sprache (S)

    • Flexible Darstellung von Texten, z. B. in Silbenschrift

    Sprachförderung und -therapie

    • Grammatik- und Satzbauübungen: Viele Lern-Apps bieten Übungen, um grammatikalische Strukturen zu trainieren, z. B. das korrekte Bilden von Sätzen

    • Sprachkorrektur: Mobile und direkte Sprachkorrektur durch Mikrofon und spezialisierte Software, Nutzung von Aufnahmefunktionen zur Selbstkorrektur oder zur Unterstützung bei selektivem Mutismus

    Förderung der auditiven Wahrnehmung

    • Hörspiele und Hörübungen: Tablets ermöglichen den Zugang zu Hörspielen oder Übungen, die gezielt die auditive Wahrnehmung zu trainieren

    Kollaboration und soziales Lernen

    • Kooperative Lern-Apps: Gemeinsame Spiele oder Projekte auf dem Tablet fördern die sprachliche Interaktion zwischen Schülerinnen und Schülern

    • Soziale Kommunikation: Schülerinnen und Schüler können Tablets nutzen, um beispielsweise Videos aufzunehmen und vorzustellen, was ihre Sprachfähigkeiten im sozialen Kontext stärkt

  • Förderschwerpunkt Körperliche und Motorische Entwicklung (kmE)

    • Flexible Anpassung der Größe von Eingabeflächen

    • Anschlussmöglichkeiten für verschiedene Eingabegeräte, z. B. Spezialtastaturen oder Joysticks

  • Förderschwerpunkt Sehen

    • Anpassbare Darstellungsoptionen, wie Bildschirmlupe, Kontrast- und Farbeinstellungen

    • Verbalisierung von angezeigten Inhalten zur Unterstützung der Wahrnehmung

    • Kalender- und Notizen-Apps helfen den Schülerinnen und Schülern, Aufgaben und Termine eigenständig zu planen und zu verwalten.

    • Unterrichtsinhalte können in akustischer und visueller Form bereitgestellt werden, wodurch das Lernen abwechslungsreicher und inklusiver gestaltet wird.

  • Förderschwerpunkt Hören

    Förderung der Kommunikation

    • Textbasierte Kommunikation: Mit Messenger-Apps oder digitalen Notizfunktionen können Schülerinnen und Schüler schriftlich miteinander kommunizieren, auch wenn sie keine Lautsprache verwenden

    • Sprachsynthese und -übersetzung: Tablets können Texte in Lautsprache umwandeln oder in Echtzeit in andere Kommunikationsformen wie Gebärdensprache übersetzen (sofern entsprechende Anwendungen vorhanden sind)

    Individuelle Unterstützung beim Spracherwerb

    • Slow-Motion-Videos: Diese können verwendet werden, um Bewegungen der Lippen und des Mundes für das Lippenlesen detailliert zu zeigen

    Zugang zu multimedialen Lernmaterialien

    • Barrierefreie Videoinhalte: Plattformen oder spezielle Bildungsmediatheken bieten eine wachsende Zahl an barrierefreien Videos mit Untertiteln oder Gebärdensprach-Dolmetschung

    Förderung der Selbständigkeit

    • Hörunterstützende Geräte: Tablets können mit Hörhilfen gekoppelt werden, um Sprache oder Geräusche gezielt zu verstärken

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